Deutschland ist nicht verteidigungsfähig: Was tun, wenn Putin mobil macht?

27. Januar 2024
Deutschland ist nicht verteidigungsfähig: Was tun, wenn Putin mobil macht?
National
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Foto: Symbolbild

Berlin. Deutschland und seine Gesellschaft werden derzeit mit Hochdruck militarisiert. Nicht nur die Bundeswehr, die fast zwei Jahre nach der von Kanzler Scholz ausgerufenen  „Zeitenwende“ immer noch weithin marode dasteht, sondern auch die Gesellschaft und ihre Institutionen sollen, wenn es nach dem Willen der Politik geht, zunehmend in den Status einer umfassenden Verteidigungsbereitschaft versetzt werden. Derzeit wäre Deutschland in keiner Weise auf einen militärischen Ernstfall und seine Erfordernisse vorbereitet.

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Als Steilvorlage für eine neue „Gesamtverteidigung“ muß Rußland und sein Präsident Wladimir Putin herhalten – ihm wird von westlichen Politikern und einschlägigen „Experten“ freihändig unterstellt, er wolle nach dem sich abzeichnenden Sieg über die Ukraine weiter nach Westen ausgreifen und als nächstes Länder wie Polen oder die baltischen Staaten unter Druck setzen – bis hin zur militärischen Aggression.

Daß Putin ein ums andere Mal erklärt, Moskau verfolge in der Ukraine klar begrenzte politische Ziele – vor allem den Nicht-Beitritt des Landes zur NATO –, wird dabei geflissentlich unter den Tisch gekehrt. Das westliche Militärbündnis hat sich auf einen Kurs der umfassenden Konfrontation mit Moskau festgelegt – dieser muß nun von den Mitgliedsländern auf die jeweilige nationale Ebene heruntergebrochen und in nationale Verteidigungsanstrengungen umgesetzt werden.

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Auch in Deutschland überbieten sich Verantwortliche und Experten in alarmistischen Warnungen. „Wir haben jetzt ungefähr fünf bis acht Jahre, in denen wir aufholen müssen“, mahnt Bundesverteidigungsminister Pistorius (SPD) – „sowohl bei den Streitkräften als auch in der Industrie und in der Gesellschaft“.

Auch Christian Mölling, Vizechef des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, zeigt sich besorgt und warnt von einem Wettlauf mit der Zeit: „Das Fenster zu einem möglichen russischen Angriff öffnet sich, sobald Rußland den Eindruck hat, ein Angriff, etwa im Baltikum, könnte erfolgreich sein.“ Mölling sieht immerhin ein Zeitfenster von bis zu zehn Jahren, die noch bleibe, um Vorkehrungen in die Wege zu leiten.

Doch davon ist noch nicht viel zu sehen. Zwar hat die Bundesregierung im Kielwasser der „Zeitenrede“ des Kanzlers eine Nationale Sicherheitsstrategie vorgelegt. Es ist die erste in der Geschichte der Bundesrepublik überhaupt. In die Praxis umgesetzt ist davon aber bislang wenig. Deutschland sei „sicherheits- und verteidigungspolitisch wieder in den Friedensmodus“ und „alte Bequemlichkeit“ zurückgefallen, kritisiert der Politikwissenschaftler Carlo Masala von der Bundeswehr-Universität München, der seit Beginn des Krieges in der Ukraine fast omnipräsent vor Rußland warnt. Die Bundesrepublik sei als Staat „noch immer nicht kaltstartfähig“. Das gelte nicht nur für die Bundeswehr, sondern für sämtliche staatlichen Institutionen.

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Das soll sich nun ändern. Die Gesellschaft müsse in ein verteidigungspolitisches Gesamtkonzept einbezogen werden, vergleichbar etwa der „Total Defence“ einiger skandinavischer Länder, ist etwa von Oberst André Wüstner, dem Vorsitzenden des Bundeswehrverbandes zu hören. In den kürzlich aktualisierten verteidigungspolitischen Richtlinien des Wehrressorts heißt es ähnlich: die „Bedingung erfolgreicher Gesamtverteidigung ist die Verzahnung aller relevanten Akteure bereits im Frieden: Staat, Gesellschaft und Wirtschaft.“

Die letzten „Rahmenrichtlinien für die Gesamtverteidigung“, die noch in der alten West-Bundesrepublik erlassen wurden, stammen vom Januar 1989. Damals herrschte noch Kalter Krieg. Weil sich die westlichen Gesellschaften, vor allem ihre verantwortlichen Politiker jetzt erneut im Kalten Krieg gegen Rußland sehen, kann an dieses Konzept unmittelbar angeknüpft werden.

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Dabei geht es etwa um den ganzen Bereich des Katastrophenschutzes. Er wurde in den letzten Jahrzehnten flächendeckend vernachlässigt. Nun will die Bundesregierung eine überarbeitete und aktualisierte „Richtlinie Gesamtverteidigung“ vorstellen, die sowohl der neuen Bedrohungslage als auch erkannten Defiziten Rechnung trägt. Das Bundesinnenministerium soll dazu eine Reihe von Einzelprojekten beisteuern, etwa ein Rahmenkonzept für Evakuierung und Massenanfall von Verletzten in CBRN-Lagen (chemische, biologische, radiologische und nukleare Gefahren), ein Programm für die Ertüchtigung des Technischen Hilfswerks und eine Bestandsaufnahme aller noch vorhandenen öffentlichen Schutzräume. Auch die Versorgung der Bevölkerung und der Streitkräfte mit Trinkwasser wird überprüft. Und nicht zuletzt soll wieder eine Sirenen-Infrastruktur aufgebaut werden – diese ist derzeit praktisch nicht mehr funktionsfähig.

Aber es gibt ein Problem: auch die Modernisierung der „Gesamtverteidigung“ gibt es nicht zum Nulltarif. Sie kostet, wie auch die Ausstattung der Bundeswehr mit neuem und genügend Material, viel Geld. Der CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter – der dieser Tage unverblümt erklärte, im Ukrainekrieg gehe es auch um die Lithium-Vorkommen, die für die deutsche „Energiewende“ gebraucht würden – will einen Finanzbedarf von „zehn Milliarden Euro in zehn Jahren für den Zivil- und Katastrophenschutz“ ausgemacht haben.

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Dieses Geld ist im Augenblick nicht vorhanden. Ehe deshalb an die „Ertüchtigung“ der deutschen Krisen-Infrastruktur gegangen werden kann, steht die Politik vor dem Problem, die erforderlichen Finanzmittel dafür bereitzustellen. Selbst wenn diese Hürde genommen ist, wird es Jahre dauern, bis die erforderlichen Krisenschutz-Maßnahmen umgesetzt sind.

Im Territorialen Führungskommando der Bundeswehr wird dafür derzeit ein „Operationsplan Deutschland“ ausgearbeitet. Er soll bis zum Frühjahr 2024 vorgestellt werden. Aber niemand macht sich darüber Illusionen, daß die eigentliche Arbeit dann erst beginnt. „Wir haben kein Erkenntnisproblem, sondern vor allem ein Umsetzungsproblem“, räumt Roderich Kiesewetter ein. „Wir brauchen eine Zeitenwende für den Schutz kritischer Infrastruktur und Zivilverteidigung genauso wie für die Bundeswehr.“ Doch das wird dauern. Bis auf weiteres ist Deutschland von einer belastbaren Verteidigungsfähigkeit noch Welten entfernt. Hagen Eichberger (DMZ)

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3 Kommentare

  1. Bernd Sydow sagt:

    Sollten im Kriegsfalle hochgedrillte russische Soldaten auf Soldaten unserer Bundeswehr treffen, lachen die sich tot – und schon haben wir gesiegt!

  2. Robin Hood sagt:

    Die Zeitenwende für den Schutz kritischer Infrastruktur und Zivilverteidigung sowie
    eine Modernisierung der Bundeswehr wird deshalb nicht gelingen,weil schlicht und
    einfach dafür das Geld fehlt.Eigentlich wurde jahrzehntelang die gesamte Infratruktur sowie die Bundeswehr kaputtgespart. Ich frage mich allen Ernstes,wo ist das Geld eigentlich geblieben,man hat es für sinnlose Projekte im In-und Ausland verpulvert.
    Heute jammern die Politiker aller Coleur über den desolaten Zustand,an dem sie
    selbst Schuld waren oder noch heute sind.
    Heute wird die Ukraine,die offiziell kein NATO-Mitglied und nicht in der EU ist,
    dermaßen hofiert mit deutschem Steuergeld,das bei uns in Deutschland hinten und
    vorne für die einheimische Bevölkerung fehlt.
    Mit anderen Worten ausgedrückt,wir unterstützen wieder einmal fremde Staaten,
    die uns schließlich weiter ins Verderben und in die Schuldenmisere treiben werden.
    Wir werden eines Tages bankrott sein.
    Hat jemand vergessen,wie idiotisch der Einsatz in Afghanistan war,der uns über
    20 Miiliarden in 10 Jahren gekostet hat?
    Wer hat das alles bezahlt?
    Unsere glorreichen Politiker oder der deutsche Steuerzahler?
    Bei maroden Brücken,bei Schienen, die seit 40 Jahren nicht repariert wurden,bei
    Schulen,bei Kindergärten und bei aller Infrastruktur hatte Deutschland in Jahrzehnten kein Geld übrig,die Wählerinnen und Wähler wurden bei jeder Wahl
    nur an der Nase herumgeführt.
    Aber für andere Staaten hat man plötzlich Milliarden Euro zur Verfügung.
    Es ist ein Schande.

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