Peinlicher NATO-Kompromiß in Vilnius: Selenskyj bekommt nur einen Stuhl in Brüssel

12. Juli 2023
Peinlicher NATO-Kompromiß in Vilnius: Selenskyj bekommt nur einen Stuhl in Brüssel
International
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Foto: Symbolbild

Vilnius. Auf dem NATO-Gipfel in Vilnius ist es um den Beitritt der Ukraine zum westlichen Militärbündnis wie erwartet zu einem Eiertanz der Kompromisse gekommen – zufrieden ist damit niemand. Das Bündnis einigte sich am Dienstag auf eine Erklärung, in der das weitere Vorgehen festgelegt wird.

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Konkret heißt es dort: „Die Zukunft der Ukraine ist in der NATO. Wir bekräftigen unsere auf dem Gipfeltreffen 2008 in Bukarest eingegangene Verpflichtung, daß die Ukraine Mitglied der NATO wird (…).“ Zu einer förmlichen „Einladung“ an Kiew werde man der Erklärung zufolge aber erst in der Lage sein, „wenn die Verbündeten sich einig und die Voraussetzungen erfüllt sind“. Insbesondere werden „zusätzliche erforderliche Reformen im Bereich der Demokratie und des Sicherheitssektors“ genannt.

Mit der Einschränkung wird den Vorbehalten von Ländern wie Deutschland und den USA Rechnung getragen. Sie hatten in den Verhandlungen darauf gedrungen, daß ein NATO-Beitritt weiter an die Erfüllung von Bedingungen geknüpft sein müsse. Nach den geltenden Standards des Bündnisses muß zum Beispiel das Militär einer zivilen und demokratischen Kontrolle unterliegen. Auch darf ein Mitgliedsanwärter keine ungelösten Konflikte mit ins Bündnis bringen.

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Einer der Gründe für die unklare Perspektive, die die NATO Kiew eröffnet, sind – ohne daß dies offiziell von irgendjemandem eingeräumt wird – mögliche Reaktionen Moskaus. Der drohende NATO-Beitritt der Ukraine war 2022 einer der zentralen Auslöser für den russischen Einmarsch. Wenig überraschend, reagierte Moskau auch jetzt mit einer deutlichen Warnung. „Eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine hätte sehr, sehr negative Folgen für die gesamte Sicherheitsarchitektur in Europa, die bereits zur Hälfte zerstört ist“, erklärte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag. Ein Beitritt der Ukraine zum westlichen Militärbündnis wäre eine „absolute Gefahr und Bedrohung für Rußland“ und hätte eine „harte“ Reaktion Moskaus zur Folge, bekräftige Peskow die bekannte Position des Kreml.

Nun soll der Eiertanz, der es dem westlichen Bündnis ermöglichen soll, sein Gesicht zu wahren, weitergehen. Die NATO-Vertreter einigten sich darauf, der Ukraine zu versprechen, eine Ausnahme vom üblichen Heranführungs-Prozedere zu machen.  Statt dem üblichen zweistufigen Beitrittsprozeß werde es im Falle Kiews einen einstufigen geben. Außerdem wird die bisherige NATO-Ukraine-Kommission zu einem NATO-Ukraine-Rat aufgewertet, in dem der Vertreter Kiews – Präsident Selenskyj – gleichberechtigt mit den Staats- und Regierungschefs der 31 NATO-Länder zusammensitzen werde.

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Darüber hinaus wollen die NATO-Staaten die Ukraine „so lange wie nötig“ weiter unterstützen. „Wir stehen unerschütterlich zu unserem Bekenntnis, die politische und praktische Unterstützung für die Ukraine weiter zu erhöhen, während diese ihre Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Unversehrtheit innerhalb ihrer international anerkannten Grenzen verteidigt“, heißt es wörtlich im Text.

Allerdings dürfte allen NATO-Politikern in Vilnius klar gewesen sein, daß diese Zusage auf wackeligen Füßen steht. Denn die westliche Unterstützung ist längst an ihre Grenzen gelangt. Am deutlichsten ließ dies am Rande des Gipfels der tschechische Präsident Pavel durchblicken. Er deutete in einem Interview an, das „Fenster der Gelegenheit“ für ein militärisches Vorrücken der Ukraine werde sich noch vor Ende des Jahres schließen, nicht nur wegen der winterlichen Bedingungen, sondern auch wegen der bevorstehenden Wahlen in der Ukraine, in Rußland und in den USA. Pavel wurde sogar noch deutlicher: er wies darauf hin, daß die Verbündeten ihre militärische Unterstützung für die Ukraine mit der Zeit reduzieren würden. Was bis zum Ende dieses Jahres erreicht sei, werde die Grundlage für Verhandlungen bilden.

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Auf wenig Begeisterung dürfte die Kompromißformel beim ukrainischen Präsidenten Selenskyj stoßen. Dieser hatte bereits im Vorfeld des Gipfels äußerst ungehalten reagiert, nachdem er „Signale“ über die Tendenz der gemeinsamen Erklärung erhalten habe. „Es ist beispiellos und absurd, wenn es weder für die Einladung (!) noch für die Mitgliedschaft der Ukraine einen Zeitrahmen gibt“, zürnte er auf seinem Telegram-Kanal; „und wenn sogar für die Einladung der Ukraine einige seltsame Formulierungen über ‚Bedingungen‘ hinzugefügt werden (…). Es sieht so aus, als gäbe es keine Bereitschaft, die Ukraine in die NATO einzuladen oder sie zum Mitglied zu machen“, schrieb Selensky weiter. Denn dies würde bedeuten, daß die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine bei künftigen Gesprächen mit Rußland ein Verhandlungsgegenstand bleibe.

Aber genau darauf kann es nach Lage der Dinge nur hinauslaufen. Wegen eines ukrainischen NATO-Beitritts einen Großkrieg mit Rußland zu riskieren, geht selbst der NATO zu weit. Sie weiß, daß sie am Ende ihrer Kräfte ist. (mü)

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Ein Kommentar

  1. Bernd Sydow sagt:

    Der ukrainische Präsident Selenskyj hat wiederholt erklärt, daß er erst dann zu Verhandlungen mit Rußland bereit ist, wenn es sich aus allen Gebieten, die früher zur Ukraine gehörten (bspw. die Krim), zurückgezogen hat. Das sind Maximalforderungen, auf die sich die Russische Föderation mit Sicherheit nicht einlassen dürfte. Desweiteren gilt die NATO-Regel, daß ein Staat nur dann in die NATO aufgenommen werden kann, wenn er sich nicht in einem Krieg befindet. Bei Finnland und Schweden ist das der Fall, bei der Ukraine nicht.

    Ein NATO-Mitglied Ukraine würde von Rußland als klare Bedrohung aufgefaßt werden, ein Dritter Weltkrieg läge dann nicht mehr außerhalb des Vorstellbaren. Selenskyj war anfangs verärgert darüber, daß man ihn nicht zu einem NATO-Beitrittsgespräch eingeladen hatte. Am Tag darauf hatte sich seine Verärgerung aber wieder gelegt, denn der Westen – Bundeskanzler Scholz als braver Vasall von USA und NATO war wie immer mit von der Partie – hatte Selenskyj weitere Waffenlieferungen im Wert von
    etlichen Millionen Euro zugesagt.

    Wie soll es mit dem Krieg in der Ukraine denn nun weitergehen? Die Ukraine kann gegen die Atommacht Rußland nicht gewinnen, selbst wenn der Westen so viele Waffen und Munition an die Ukraine liefert, bis er selber keine mehr hat bzw. bis er pleite ist! Darüberhinaus verfügt Rußland über Waffen, die der Westen nicht hat – unter anderem die Hyperschallrakete Kinschal sowie den Kampfhubschrauber Alligator (Panzerschreck).

    Was ist eigentlich mit der russischstämmigen Mehrheitsbevölkerung der Krim und der Ost-Ukraine (Donbass)? Von ihr hört man gar nichts mehr. Hat sie sich in Luft aufgelöst?
    Soweit ich mich erinnere, wollte sie nicht länger unter der Kiewer Zentralregierung leben.
    Im Donbass gründete sie die zwei unabhängigen Staaten Lugansk und Donezk, auf der Krim begrüßte sie begeistert den Anschluß an Putins Rußland.

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