Die grünen Deutschen – vor 80 Jahren wurde das „Reichsnaturschutzgesetz“ verabschiedet

1. November 2015
Die grünen Deutschen – vor 80 Jahren wurde das „Reichsnaturschutzgesetz“ verabschiedet
Geschichte
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Foto: Symbolbild

Artikel „Die grünen Deutschen“ aus der Juni-Ausgabe des Deutschen Nachrichtenmagazins ZUERST! 

Vor 80 Jahren wurde das „Reichsnaturschutzgesetz“ verabschiedet

Die Deutschen haben bekanntlich ein fast mystisches Verhältnis zur Natur, wie denn Natur-, Umwelt- und Tierschutz bei kaum einem Volk höher im Kurs stehen als hierzulande. Und wenn sich deutsche Politiker im Ausland auch gerne für jede noch so abstruse historische „Schuld“ deutscher Väter- und Tätergenerationen Asche aufs Haupt streuen – in Sachen Umweltschutz mutieren sogar linksgrüne Gutmenschen unversehens zu Oberlehrern, die anderen Völkern schon mal mit erhobenem Zeigefinger erklären, daß und wie am (deutschen) Naturschutz die Welt genesen soll.

Die Ursprünge des deutschen Natur- und Umweltschutzes reichen bis weit ins 19. Jahrhundert zurück und haben nur indirekt etwas mit der vielgescholtenen Romantik zu tun. Richtiger ist vielmehr, daß zugleich mit dem technischen Fortschritt, mit Industrialisierung und Verstädterung auch das Bewußtsein für die Schutzwürdigkeit der Natur wuchs. So wurde der Begriff des „Naturdenkmals“, der auf Alexander von Humboldt zurückgeht, früh für Landschaftselemente wie Höhlen, Wasserläufe, Felsformationen, aber auch alte Bäume und Baumgruppen etabliert.

Eine Fortentwicklung dieser Anschauung schlug sich in der ersten naturschutzrechtlichen Verfassungsnorm in Deutschland nieder, dem Artikel 150 der Weimarer Verfassung, die auch in diesem Punkt außerordentlich fortschrittlich war. Satz 1 des Artikels enthält die Feststellung: „Die Denkmäler der Kunst, der Geschichte und der Natur sowie die Landschaft genießen den Schutz und die Pflege des Staates.“

Allerdings kam das Staatsziel „Naturschutz“ in der Weimarer Republik nicht über das theoretische Postulat im Verfassungstext hinaus. Zwar wurde an einer systematischen Gesetzgebung gearbeitet, doch scheiterte die Einführung eines Naturschutzgesetzes sowohl an Eigentumsfragen wie am Verhältnis des Zentralstaates zu den Ländern. Es blieb den Nationalsozialisten, die 1933 ans Ruder kamen, vorbehalten, in Sachen Natur- und Umweltschutz zum Handeln zu schreiten und die in der Luft liegende Neuordnung gesetzgeberisch umzusetzen.

Gleich in der Anfangsphase des Dritten Reiches wurden vom NS-Regime umfassende gesetzliche Neuregelungen auf den Weg gebracht. Dabei konnte auf bereits bestehende rechtliche Regelungen wie Landesgesetze, auf Polizeiverordnungen der Länder sowie auf diverse in der Schublade liegende Gesetzentwürfe aus der Weimarer Zeit zurückgegriffen werden. So hatte der Justitiar und Höhlenforscher Benno Wolf längst vor der NS-Regierungsübernahme erste Entwürfe für ein Naturschutzgesetz in Deutschland zu Papier gebracht. Nach Wolfs Absetzung von seinem Posten an der Spitze der „Staatlichen Stelle für Naturdenkmalpflege“ bereits 1933 übernahm der Naturwissenschaftler Hans Klose Wolfs Vorarbeiten und stellte den Entwurf fertig.

Der Schutz der natürlichen Umwelt lag den neuen Machthabern tatsächlich am Herzen. So arbeitete Reichsinnenminister Wilhelm Frick schon ab April 1933 an einem Tierschutzgesetz, wobei ihm die Tierschutzverbände intensiv zuarbeiteten. Bereits zum 1. Mai trat ein „Gesetz über das Schlachten von Tieren“ in Kraft, und im November wurde das „Reichstierschutzgesetz“ verabschiedet. Es war das erste deutsche Tierschutzgesetz überhaupt und in seiner Fortschrittlichkeit der Gesetzgebung vieler anderer Länder weit voraus.

1935 folgte dann das Reichsnaturschutzgesetz (RNG), das vom Reichskanzler Adolf Hitler im Namen der Reichsregierung beschlossen und anschließend im Reichsgesetzblatt verkündet wurde. Die Verabschiedungging maßgeblich auf den Einfluß des „Reichsforstmeisters“ und „Reichsjägermeisters“ Hermann Göring zurück, in dessen Ressort der Naturschutz im Dritten Reich angesiedelt war.

In der Präambel des neuen Gesetzes können übereifrige Vergangenheitsbewältiger unschwer die Spuren der NS-Weltanschauung ausmachen. So heißt es dort etwa: „Heute wie einst ist die Natur in Wald und Feld des deutschen Volkes Sehnsucht, Freude und Erholung. […] Der um die Jahrhundertwende entstandenen ‚Naturdenkmalpflege‘ konnten nur Teilerfolge beschieden sein, weil wesentliche politische und weltanschauliche Voraussetzungen fehlten; erst die Umgestaltung des deutschen Menschen schuf die Vorbedingungen für wirksamen Naturschutz.“

Allerdings: Im restlichen Gesetzestext hält sich die Diktion der neuen Machthaber in Grenzen. Vielmehr regelte das Gesetz den reichsweiten Aufbau des Naturschutzes sowie dessen Instrumente und schuf einen dreigliedrigen doppelten Instanzenzug von Kreis-, Bezirks- und Reichsnaturschutzbehörde. Zudem definierte er den Schutz von Pflanzen und „nicht jagdbaren Tieren“ sowie vier Schutzkategorien: Naturdenkmäler, Naturschutzgebiete, Landschaftsschutzgebiete und geschützte Landschaftsteile. Eine weitere Neuerung ist die Aufnahme der Pflege des Landschaftsbildes – alles Dinge, die nach 1945 weitgehend auch im Nachkriegs-Naturschutz Geltung behielten.

1940 gab es in Deutschland laut „Reichsnaturschutzbuch“ bereits über 800 eingetragene Naturschutzgebiete, die mit zu den ältesten deutschen Schutzgebieten zählen und in den Grundzügen teils bis heute bestehen. In den „Naturdenkmalbüchern“ der Kreise waren im gleichen Jahr 1940 mehr als 50.000 Naturdenkmäler aufgelistet.

Nach dem Zusammenbruch 1945 wurden die NS-Naturschutzbestimmungen bezeichnenderweise nicht als Gesetz nationalsozialistischer Ideologie eingestuft. Die einschlägigen Regelungen hatten deshalb als Grundlage der Gesetzgebung sowohl in der jungen Bundesrepublik Deutschland, der DDR wie auch in Österreich teilweise noch bis in die siebziger Jahre hinein Bestand. In diesen Ländern geht mithin, wie zahlreiche andere Errungenschaften, auch der Naturschutz letztlich auf das Dritte Reich zurück. Die Grundlage dafür legte das Reichsnaturschutzgesetz, das vor 80 Jahren, am 26. Juni 1935, verabschiedet wurde. (Xaver Warncke)

(Foto: Wikimedia/Ramessos, Laubwald im deutschen Mittelgebirge)

3 Kommentare

  1. Dr. Altenburger sagt:

    Genau das ist ein Thema für das ich meiner Erst Heimat Deutschland dankbar bin, wurde auch sehr naturromantisch erzogen, als es noch keine Grünen gab. Froh bin ich dennoch auch etwas stolz, dass egal ob Ost oder West, Nord oder Süd, Links oder Rechts, oder sonst was, die schöne Natur ein wichtiges, positiv belegtes Thema immer war und hoffentlich noch lange ist.

  2. Der Rechner sagt:

    Ok – es gibt sie, die verblasene Grünologie, die einen irrationalen ideologischen Kern hat.

    Aber an den Fakten beißt die Maus keinen Faden ab:

    Wenn durch die vom Treibhauseffekt verursachte Erderwärmung das Grönland-eis abgeschmolzen ist, dann wird das einen Anstieg des Meeresspiegels um 8m bewirken.

    Und wenn durch entsprechende weitere Erderwärmung das SÜdpol-eis abschmilzt, dann steigt der Meeresspiegel um weitere 80m.

    Das ist nicht so schwierig auszurechnen – wieviel Eis es wo gibt ist weitgehend (+/- 20% allenfalls) bekannt.

    Bei einem Anstieg des Meeresspiegels um 8m wird sich die Küstenlinie bereits deutlich verschieben. Hamburg, Bremerhaven, Cuxhafen, Schwerin, … können dann unter Wasser besichtigt werden.

    Bei einem Anstieg des Meeresspiegels um weitere 80m ist die gesamte Norddeutsche Tieffebene, einschließlich Mecklenburg-Vorpommern, große Teile Pommerns und Ostpreußens futsch. Braunschweig und Hannover gehen unter – Salzgitter und Hildesheim sind dann Hafenstädte.

    Insgesamt würde weltweit etwa ein Drittel alle landwirtschaftlich nutzbaren Flächen verschwinden.

    Abgesehen von den verheerenden Auswirkungen der Verbrennung fossiler Brennstoffe (Kohle, Öl) ist eine Erhaltung der Umwelt in der die Evolution des homo sapiens stattgefunden hat ebenso notwendig für unsere physische wie für unsere psychische Gesundheit.

    Eine gentechnische veränderte Kunst-Umwelt, derne einziger Zweck darin besteht, anstatt fünf Milliarden sechs, sieben oder acht Milliarden Menschen ernähren zu können, beraubt alle Menschen einer menschenwürdigen Lebensgrundlage.

  3. Annuntiator sagt:

    Achtung, liebe Redaktion! Das Reichs-Naturschutzgesetz ist bereits 80(!) Jahre alt!
    MfG

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