Identitäts-Groteske: eine weiße Schwarze als „Gefühls-Afroamerikanerin“

25. Juni 2015
Identitäts-Groteske: eine weiße Schwarze als „Gefühls-Afroamerikanerin“
Manuel Ochsenreiter
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Foto: Symbolbild

Die US-amerikanische Bürgerrechtlerin Rachel Dolezal sorgte Mitte Juni für einen handfesten Skandal. Die 37jährige, offensichtlich weiße Amerikanerin gibt sich seit Jahren als Schwarze aus und betätigte sich – mit schwarzen Rastalocken afrikanisiert – als Bürgerrechtsaktivistin gegen die Diskriminierung von Schwarzen in den USA. Wann immer sich eine Gelegenheit bot, stürmte Dolezal vor die Kameras und erzählte von ihrem persönlichen Schicksal als diskriminierte Afroamerikanerin. Als Vorsitzende der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung NAACP machte sie sich für schwarze Rechte stark, und an der Eastern Washington University ist sie sogar Professorin für „African Studies“.

Die Bombe platzte, als Dolezals Eltern in einem Interview enthüllten, daß ihre Tochter keinen schwarzen Vater habe. Die Familie stamme von schwedischen, deutschen und tschechischen Einwanderern in die USA ab. Der Skandal war perfekt. Innerhalb weniger Stunden berichteten auch die europäischen Medien über den „Fall Dolezal“. Auf beiden Seiten des Atlantiks war man entsetzt über Rachel Dolezals Maskerade. Einige liberale US-Bürgerrechtler meinten gar, Dolezal habe dadurch dem Kampf gegen Rassendiskriminierung großen Schaden zugefügt.

Die Reaktion der angeschossenen Aktivistin: Sie behauptet nun, daß Abstammung und Hautfarbe „viel zu komplex“ seien, um jemanden einfach wegen seiner weißen oder schwarzen Haut als „weiß“ oder „farbig“ zu bezeichnen. Sie habe sich schon immer „schwarz gefühlt“, so Dolezal. Mit fünf Jahren habe sie Bilder von sich selbst gezeichnet, „mit einem braunen Stift, nicht mit einem pfirsichfarbenen, und mit schwarzgelockten Haaren“. Sie sei eine „Schwarze im Körper einer Weißen“.

Mit anderen Worten: Sie hat genau verstanden, wie der Hase im postmodernen, liberalen Westen läuft. Jeder kann das sein, wonach ihm gerade ist – und zwar unabhängig von seiner biologischen Identität oder Abstammung. Natürlich ist das bizarr, aber es wird genau so propagiert. Nicht verstanden hingegen haben es die Kritiker der weißen Schwarzen. Sie jubeln einerseits einem singenden bärtigen Mann aus Österreich zu, der sich „Conchita Wurst“ nennt und sich für eine Frau hält, andererseits hört ihr Verständnis bei der Hautfarbe auf.

Eine Insel der Normalität in dieser ganzen Identitäts-Groteske scheint die Mutter von Rachel Dolezal zu sein. Gegenüber US-Medien sagte sie, daß Rachel „ihre eigene Identität leugnet“. Zudem sei „eine psychologische Beratung nötig“, Rachel brauche dringend „Hilfe, um mit ihren persönlichen Angelegenheiten klarzukommen“. Damit wagt sich die Mutter bereits gefährlich weit vor in einer liberalen Gesellschaft. Seit Jahrzehnten fordern vor allem linksradikale Gruppen die „Abschaffung der Psychiatrie“. Ein Argument: Schizophrenie wird als psychische Krankheit beurteilt – und das sei zutiefst ungerecht. Die – auch unbewußte – Rebellion gegen die traditionelle Gesellschaftsordnung werde so zur Krankheit erklärt. Es überrascht wenig, daß sich solche Ansichten gesellschaftspolitisch immer weiter durchsetzen. Rachel Dolezal hat mittlerweile ihre ersten Anhänger gefunden, die sie verteidigen und als „Gefühls-Afroamerikanerin“ sehen. Die psychologische Hilfe, die sie wohl wirklich dringend braucht, wird sie wahrscheinlich nicht bekommen. Dafür aber bestimmt eine eigene Talkshow und einen Buchvertrag.

Manuel Ochsenreiter ist Chefredakteur des Deutschen Nachrichtenmagazins ZUERST!

5 Kommentare

  1. Odin sagt:

    Rachel Dolezal – wer an Vornamen und Nachname nicht erkennt um wen es sich hier handelt dem ist nicht zu helfen.

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