Trümmerfrauen und Sudetendeutsche – nicht gedenkwürdig?

30. Dezember 2013
Trümmerfrauen und Sudetendeutsche – nicht gedenkwürdig?
Geschichte
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Foto: Symbolbild

München/Linz. Den Grünen ist der im Mai in München am Marstallplatz aufgestellte Gedenkstein für Trümmerfrauen und die Aufbaugeneration ein Dorn im Auge.

Der grüne Landtagsabgeordnete Sepp Dürr ist der Meinung, der Gedenkstein vermittle „ein falsches Bild von den Aufräumarbeiten in der Stadt. Mehr als 90 Prozent der Männer und Frauen, die später zu Trümmerfrauen stilisiert wurden, waren zwangsverpflichtete Alt-Nazis, die um ihre Essensmarken bangten“. Dürrs ebenfalls grüne Kollegin Katharina Schulze meinte, „auch wenn es einzelne Trümmerfrauen gab, muß deren Mitarbeit an den Aufräumarbeiten in den historischen Kontext gestellt werden“.

Die beiden grünen Gutmenschen entschlossen sich deshalb am 5. Dezember zu einer spontanen Aktion und verhüllten den vom bayerischen CSU-Kultusminister Spaenle erst vor wenigen Monaten eingeweihten Gedenkstein, dessen Aufstellung von CSU-Stadtrat Reinhold Babor initiiert wurde. Auf der braunen Verhüllung der beiden Grünen war zu lesen: „Den richtigen ein Denkmal. Nicht den Alt-Nazis. Gegen Spaenles Geschichtsklitterung.“

Dürr forderte den Freistaat im gleichen Zug auf, das Denkmal vom zuständigen Verein auf dessen Kosten wieder entfernen zu lassen. Der bayerische Kultusminister Spaenle wiederum verteidigt das Denkmal. Es zolle nicht nur den „Trümmerfrauen und der Aufbaugeneration Dank und Anerkennung“, sondern weise auch auf deren „Verantwortung“ hin, sagte Spaenle dem „Münchner Merkur“.

Der Grüne Dürr wünscht sich freilich andere Denkmäler in Bayern. Seiner Ansicht nach sollte lieber an Personen erinnert werden, die die Demokratie nach Bayern gebracht hätten, beispielsweise an Kurt Eisner. Der hat allerdings schon ein Denkmal, es wurde am 30. Mai 2011 vom Münchner Oberbürgermeister Christian Ude am Oberanger eingeweiht. An der demokratischen Gesinnung Eisners darf aber gezweifelt werden. Er war Anführer der Novemberrevolution von 1918 in Bayern und der erste vom Arbeiter- und Soldatenrat eingesetzte Ministerpräsident des von ihm ausgerufenen „Freistaates“, der bayerischen Republik.

Damals strebten die Revolutionäre eine reine Räteherrschaft an. Nach der deutlichen Niederlage der USPD bei den bayerischen Landtagswahlen mußte Eisner im Januar 1919 jedoch zurücktreten. Am 21. Februar 1919 wurde er von dem monarchistischen Offizier Anton Graf von Arco auf Valley erschossen. Zunächst gelang es der Regierung unter Johannes Hoffmann nicht, sich gegen die zentralen Rätegremien durchzusetzen und die Ausrufung der „Baierischen“ Räterepublik zu verhindern. Anfang Mai 1919 konnte schließlich die rote Revolution niedergeschlagen werden.

Die Münchner Grünen-Aktion gegen das Trümmerfrauen-Denkmal in der bayerischen Landeshauptstadt ist im übrigen nicht die einzige Initiative in letzter Zeit gegen das Andenken früherer Generationen von Deutschen. So wurde erst vor kurzem eine Gedenktafel zur Erinnerung an die Sudetendeutschen in Linz heimgesucht. Unbekannte überschütteten mit roter Farbe die Tafel.

Über die Motive herrscht bei den Sudetendeutschen Übereinstimmung: Es waren „politisch aufgehetzte Menschen“, die sich durch die pure Existenz der Sudetendeutschen gestört fühlten, erklärte die Deutsche Weltallianz (DWA, German World Alliance; im Internet unter: www.germanworldalliance.org) in einer Pressemitteilung; die Täter versuchten mit solchen Mitteln das Existenzrecht der Sudetendeutschen in Österreich in Frage zu stellen. „Die Politik in Oberösterreich hat sich in aller Deutlichkeit öffentlich mit den Sudetendeutschen zu solidarisieren und diesen barbarischen Zerstörungsakt klar zu verurteilen“, fordert Peter Wassertheurer, Präsident der Deutschen Weltallianz (DWA). Die DWA distanziere sich mit Abscheu vor derartigen Aktionen, die eine „Beleidigung, Schmähung und Diskriminierung der sudetendeutschen Gemeinschaft“ in Österreich darstellen.

Dieser Artikel erschien zuerst in „Der Schlesier“.

Foto: Wikimedia/Deutsche Fotothek

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