Russich-chinesischer Erdgasvertrag: Punktsieg für Putin – und der Westen schaut in die Röhre

18. Juni 2014
Russich-chinesischer Erdgasvertrag: Punktsieg für Putin – und der Westen schaut in die Röhre
Wirtschaft
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Foto: Symbolbild

Peking/Moskau. Beobachter hatten schon im Vorfeld etwas Besonderes erwartet, und sie wurden nicht enttäuscht. Rußland schloß jetzt mit China einen Vertrag über Erdgaslieferungen mit einem geschätzten Geschäftsvolumen von mehr als 400 Milliarden Dollar ab. Dazu wird eine neue östliche Pipeline geplant.

Die Verhandlungen dauerten jahrzehntelang, nun ist das russisch-chinesische Gaslieferabkommen unter Dach und Fach, und es ist ein offenes Geheimnis, daß der Vertragsabschluß mit China durch die jüngsten Spannungen im Zusammenhang mit der Ukraine befördert wurde. In Anwesenheit des russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin und dessen chinesischen Amtskollegen Xi Jinping unterzeichneten Vertreter der russischen Gazprom und der China National Petroleum Corp (CNPC) am 21. Mai in Shanghai die Verträge, die ein neues Kapitel in den russisch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen aufschlagen.

Demnach wird Rußland ab 2018 jährlich bis zu 38 Milliarden Kubikmeter Gas ins Reich der Mitte liefern, was rund einem Viertel des chinesischen Verbrauchs entspricht. Über den Preis des Erdgases wurde bis zuletzt verhandelt, seine Höhe jedoch noch nicht bekanntgegeben. Putin sagte nur, die Preisbildung werde analog zu den Lieferungen nach Europa erfolgen. Daher bleibt es eine offene Frage, ob sich das Abkommen auch wirtschaftlich rechnet. Inoffiziell wird das Geschäftsvolumen auf mehr als 400 Milliarden Dollar geschätzt, der Liefervertrag soll eine Laufzeit von 30 Jahren haben.

Experten sehen das Abkommen vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise als Gelegenheit für Rußland, seine Abhängigkeit von Europa als Hauptabsatzmarkt für seine Gaslieferungen zu verringern. Putin sieht es vor allem als Chance, neue Absatzmärkte für Rußlands Gas zu erschließen. Für China wiederum bedeutet der Vertragsabschluß eine Möglichkeit, Energieengpässe und Umweltprobleme zu mindern.

China könnte sich zu einem der größten Abnehmer russischen Erdgases entwickeln und bis zu einem Drittel seines Erdgasbedarfs mit Lieferungen aus Rußland decken, mutmaßen deutsche Experten. Damit wäre für Rußland der Ausfall von europäischen Abnehmerländern fast kompensiert. Moskau wäre dann womöglich auch in der Lage, sich auf einen langfristigen Wirtschaftskrieg mit dem Westen einzulassen, wenn dieser weiter am Sanktionskurs festhalte.

Um das Erdgas, das zu bedeutenden Teilen in Sibirien gefördert wird, von dort in die besonders energiehungrigen Küstenregionen Chinas zu pumpen, ist der Bau einer neuen östlichen Pipeline geplant. Diese soll in beiden Ländern von den jeweiligen Unternehmen gebaut werden. Nach CNPC-Angaben soll Gazprom auf der russischen Seite die Fördergebiete erschließen und die Verarbeitungsanlagen errichten. China werde, so Putin, 20 Milliarden Dollar zum

Bau der Infrastruktur und die Gasförderung beisteuern und Rußland 55 Milliarden Dollar in die Erschließung von Vorkommen und den Bau der Pipeline investieren.

Putin kann das Abkommen als geostrategischen Erfolg verbuchen und so einen weiteren Punktgewinn auf dem Parkett der internationalen Politik für sich beanspruchen. Aufgrund des Streits mit den westlichen Ländern während der Krise in der Ukraine muß Rußland um seine Gasgeschäfte mit Europa fürchten.

Die Erschließung neuer Absatzmärkte in Asien ist angesichts dieser Entwicklung eine logische Konsequenz. Im Zuge des Konflikts um die Halbinsel Krim und die Ostukraine stellte die Ukraine zuletzt aufgrund ihrer desolaten Finanzlage die Zahlungen für russisches Gas ein und warf Gazprom überhöhte Preise vor. Daraufhin kündigte Gazprom an, die Ukraine künftig nur noch gegen Vorauszahlung zu beliefern.

Ein Lieferstop an die Ukraine könnte auch Abnehmer im übrigen Europa treffen, die über die Leitungen in der Ukraine beliefert werden. Für den 26. Mai ist deshalb eine weitere Gesprächsrunde von Vertretern Rußlands, der Ukraine und der EU geplant. Rußland wird dabei, ebenso wie im soeben abgeschlossenen Mega-Vertrag mit China, einmal mehr seinen Anspruch als „Energie-Supermacht“ unterstreichen – und sitzt dabei, zumindest den konfliktfreudigen EU-Europäern gegenüber, zweifellos am längeren Hebel. (ds)

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