ZUERST!-Exklusiv: Verliert General Haftar langsam die Kontrolle in Libyen?

26. Mai 2020
ZUERST!-Exklusiv: Verliert General Haftar langsam die Kontrolle in Libyen?
International
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Foto: Symbolbild

Die Krise in Libyen dauert inzwischen seit neun Jahren an. Nach der Entmachtung und Ermordung von Machthaber Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 stürzte das Land ins Chaos. Heute kämpfen zwei große Lager um die politische und militärische Kontrolle des nordafrikanischen Landes – die Regierung der „Nationalen Vereinbarung“ (GNA) unter der Führung von Fayiz as-Sarradsch und die libysche Nationalarmee (LNA) unter der Führung von General Chalifa Haftar.

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Am 4. April 2019 kündigte Haftar eine Offensive gegen Tripolis an, wo Sarradsch sich nach wie vor behaupten kann. Bis zum Sommer 2019 verlief die LNA-Offensive erfolgreich, aber schon bald geriet der Vormarsch ins Stocken.

Das Vorrücken der LNA stoppte am südlichen Stadtrand von Tripolis. Die Stadt Ben Gashir 34 Kilometer südlich von Tripolis wurde besetzt, aber Versuche, auf der Straße weiter nach Salah ad-Din, einem Vorort, vorzurücken, blieben erfolglos. Haftars LNA-Truppen stießen dort auf hartnäckigen Widerstand der GNA-Kräfte. Die LNA, die an schnelle Schläge motorisierter Einheiten im Wüstengelände gewöhnt war, war schlecht auf den Häuserkampf vorbereitet. Die Phase des Stellungskrieges, die von April bis September 2019 dauerte, begann damit. Während dieser Zeit führte die LNA keine großen Offensiven mehr durch. Die Frontlinie bewegte sich praktisch nicht. Auch Artillerie- und Luftangriffe konnten diese Lage nicht ändern. Die Bodentruppen der LNA steckten quasi fest. Vor allem die weite Entfernung bis nach Bengasi machte der LNA zu schaffen, da von dort der Nachschub kam.

Die GNA wurde indessen von der Türkei massiv militärisch unterstützt und aufgerüstet. Ankara hat Tripolis Waffen und für den Kampf gegen die LNA geliefert. Im Januar dieses Jahres sollen zudem laut Medienberichtern auch von der Türkei eingeschiffte Milizen aus Syrien auf dem libyschen Kampfschauplatz gesichtet worden sein.

Auf der anderen Seite gab es Berichte über den Einsatz privater Militärfirmen auf der LNA-Seite – wie beispielsweise dem russischen Militärunternehmen „Wagner“ – die allerdings nie offiziell bestätigt wurden. Die ersten Berichte über die Beteiligung russischer Söldner an den Kämpfen in Libyen erschienen im Spätsommer 2019 während der ersten Erfolge der LNA in West-Tripolis – obwohl es keine Augenzeugen für die Anwesenheit der russischen „Wagner“-Soldaten gab.

Es kam zu erfolgreichen Luftangriffen der LNA auf GNA-Stellungen und Nachschublager der Sarradsch-treuen Truppen. Außerdem verlor die GNA vermehrt Aufklärungsdrohnen durch funkelektronische Störmanöver von Seiten der LNA. Die Stellungen der LNA-Infanterieeinheiten wurden zudem verstärkt und die GNA erlitt Verluste durch LNA-Scharfschützen.

Die GNA-Truppen reagierten auf diese neue Lage mit dem massiven Einsatz von aus der Türkei gelieferten „Bayraktar TB2“-Kampf- und Aufklärungsdrohnen, um der Regierung von Tripolis Luftdeckung zu geben. Täglich wurden Luftschläge durchgeführt, es gab Berichte über Angriffe sowohl auf militärische Einrichtungen der LNA als auch auf zivile Ziele. Die LNA verlegte daraufhin „Panzir-S1“-Boden-Luft-Lenkwaffensysteme an die Frontlinie – mit Erfolg. Bis Mai 2020 waren 57 türkische Drohnen von der LNA zerstört worden.

Haftars LNA macht so erhebliche Fortschritte. Zu den wichtigsten Vorstößen zählten der in al-Halatat in Süd-Tripolis und die Eroberung von Yarmouk. Im Dezember 2019 gelang es den Haftar-Truppen, sich in Yarmouk einzuigeln und zahlreiche Angriffe von GNA-Einheiten erfolgreich abzuwehren.

Der letzte große Erfolg der LNA war die Einnahme der Küstenstadt Sirte im Januar 2020, der Heimatstadt von Muammar al-Gaddafi und seiner letzten Ruhestätte. Im Jahr 2016 wurde Sirte bis zur Räumung 2018 zum Einsatzzentrum der sogenannten „Wilayat Libya“-Miliz, einer Zelle der Terrorgruppe „Islamsicher Staat“ (IS).

Danach kam – wie bereits im August 2019 – die LNA-Offensive zum Stillstand. Zu diesem Zeitpunkt waren die Streitkräfte Haftars bereits bis nach Tripolis vorgedrungen und hatten die Altstadt der libyschen Metropole fast erreicht. Ein weiteres Vorrücken und Kämpfe in der Innenstadt hätte nicht nur die alte Bausubstanz zerstört, sondern auch das Leben zahlreicher Zivilisten gefordert.

Es folgte wieder ein monatelanger Stellungskrieg. Ende April dieses Jahres befand sich ein Kontingent von etwa 17.000 syrischen Milizionären aus Idlib sowie 1.500 türkische Söldner und Techniker in Tripolis, um die GNA zu verstärken. Die Front blieb jedoch weiterhin stabil. Trotz ihrer wachsenden Truppenstärke führte die GNA keine größeren Operationen durch, unternahm aber punktuelle Angriffe auf LNA-Stellungen. Doch alle Versuche, einen Durchbruch zu erzielen, endeten mit herben Verlusten für die GNA. So gelang es den Verbündeten der LNA beispielsweise im Gebiet von Ain Zara, einer Oasenstadt östlich von Tripolis, mehrere gepanzerte GNA-Fahrzeuge zu erbeuten – inklusive der Personaldaten gefallener türkischer Militärangestellter.

Vor dem Hintergrund dieser Ereignisse fand die Moskauer Libyen-Konferenz statt, wo sowohl Vertreter der Regierung in Tripolis als auch der Opposition anwesend waren. General Haftar verließ die Konferenz jedoch vorzeitig, ohne ein Friedensabkommen mit Sarradsch zu unterzeichnen. Am 19. Januar fand die Berliner Libyen-Konferenz statt, an der Vertreter Deutschlands, Rußlands, der USA, Italiens, Großbritanniens und auch der verfeindeten libyschen Gruppen GNA und LNA teilnahmen. Doch auch hier kam es nicht zu einer Einigung zwischen den beiden Lagern.

Für viele Beobachter ist klar: Hätte Haftar damals direkten Verhandlungen zugestimmt, hätte er die Gelegenheit gehabt, mit der mit dem Rücken an der Wand stehenden GNA zu sprechen. Die LNA hatte zu diesem Zeitpunkt Sarradsch tatsächlich eingekesselt, jeder Quadratmeter in Tripolis war für Artillerieschläge durch die LNA theoretisch erreichbar. Der Sieg war für General Haftar zum Greifen nah – durch eine Übereinkunft mit Sarradsch. Doch dazu sollte es nicht kommen.

Ende April dieses Jahres berichteten viele Medien über Gerüchte über Unstimmigkeiten zwischen dem russischen Militärunternehmen „Wagner“ und General Haftar. Am 20. Mai erschienen wiederum erste Berichte über den Rückzug der „Wagner“-Truppen aus dem Süden von Tripolis.

Zeitgleich mit diesen Berichten erlitt die LNA eine Reihe von militärischen Rückschlägen. Haftars Truppen zogen sich von der Mittelmeerküste auf den Luftwaffenstützpunkt Al-Watya zurück, den die LNA seit 2014 kontrolliert. Doch bald ging auch dieser Stützpunkt an die GNA verloren. Es folgten Luftschläge der GNA-Streitkräfte im Süden der Hauptstadt, und die LNA verlor die Kontrolle über Yarmouk und al-Khalatat.

Bemerkenswert: Als die Berichte über die russische Waffenhilfe für General Haftar erstmals auftauchten, stabilisierte sich die Lage schnell für die LNA – und die GNA erlitt empfindliche Niederlagen. Mit dem Auftauchen der Nachrichten über den Rückzug der russischen „Wagner“-Kämpfer, verschlechterte sich die Situation für Haftars LNA schlagartig. Plötzlich wurden sogar die „Panzir-S1“-Systeme von der GNA erfolgreich ausgeschaltet. Beobachter führen dies darauf zurück, daß wahrscheinlich erfahrene, kampferprobte Geschützbesatzungen durch völlig unerfahrene ersetzt werden mußten.

Die Lage für den bislang siegesverwöhnten Haftar und seine LNA hat sich in der Zwischenzeit geändert: Gleich reihenweise mußten von der LNA Positionen aufgegeben werden. Nachdem die Gerüchte über die Auflösung des Vertrags mit „Wagner“ erschienen waren, begannen auch Niederlagen der LNA an der Front. Es ist sehr wahrscheinlich, daß Khalifa Haftar aufgrund eines Streits mit russischen Söldnern die Kontrolle sowohl über die Situation als auch über große Gebiete in Libyen verlor. (CF)

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2 Kommentare

  1. […] об этом событии. Некоторые зарубежные журналисты связывают поражение Халифы Хафтара с разрывом сотрудничества […]

  2. […] За тенью бойцов ЧВК «Вагнер» уже давно гоняются в Ливии. Однако до сих пор нет никаких прямых доказательств того, что они там находятся. Это отмечается как в России, так и за рубежом. […]

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