Zum 100. Jahrestag des Friedensvertrages von Tartu: Estland macht Territorialansprüche an Rußland geltend

6. Januar 2020
Zum 100. Jahrestag des Friedensvertrages von Tartu: Estland macht Territorialansprüche an Rußland geltend
International
2
Foto: Symbolbild

Reval/Talinn. Seitdem die baltischen Staaten EU- und NATO-Mitglieder sind, sind Provokationen an die Adresse der ehemaligen Besatzungsmacht Rußland fast an der Tagesordnung. Jetzt kommen aus Estland bemerkenswerte Töne.

In seiner Neujahrsansprache stellte der Sprecher des estnischen Parlaments, Henn Pylluas, fest, daß der Friedensvertrag von Tartu von 1920 nach wie vor gültig sei. Dieser sieht einen anderen Grenzverlauf zwischen Rußland und Estland als den gegenwärtigen vor.

Wörtlich sagte Pyullas: „Am 2. Februar jährt sich die Unterzeichnung des Friedensvertrags von Tartu zum 100. Mal. In diesem Vertrag erkannte Rußland die Unabhängigkeit Estlands an, damit endete den Befreiungskrieg, und die Grenze zwischen Estland und Rußland wurde festgelegt. Bei der Wiederherstellung der Unabhängigkeit erkannten alle Staaten Estland als Nachfolger der Republik Estland, einschließlich der Staatsgrenze an. Der Friedensvertrag von Tartu ist gültig und steht noch immer auf der Liste der bestehenden internationalen Verträge der Vereinten Nationen.“

Tatsächlich gehörten nach dem Vertrag von Tartu, der am 2. Februar 1920 zwischen der Russischen Sowjetrepublik und Estland abgeschlossen wurde, Iwangorod und ein Teil der Region Pechora zu Estland. Nachdem Estland im Jahr 1940 Teil der UdSSR wurde, wurden die betreffenden Gebiete Teile der Russischen Sowjetrepublik.

Estnische Politiker erklären regelmäßig, daß der Vertrag noch immer noch in Kraft sei. So behauptete etwa der estnische Außenminister Reinsalu erst am 21. November 2019, daß das Dokument seiner Meinung nach gelte, solange es keinen neuen Grenzvertrag zwischen Estland und Rußland gebe. Er räumte allerdings ein, daß es derzeit keine Möglichkeit für den Abschluß eines Grenzabkommens zwischen den beiden Ländern gebe, weil es Meinungsverschiedenheiten über den Friedensvertrag von Tartu gibt.

Parlamentssprecher Pylluas forderte bereits am 20. November, Rußland solle gemäß dem Friedensvertrag von Tartu die genannten Gebiete an Estland zurückgeben. In die gleiche Kerbe schlug zuvor der estnische Innenminister und Vorsitzende der konservativen Volkspartei, Martin Helme, der feststellte, daß „Rußland 5,2 Prozent estnischen Territoriums noch nicht an Estland zurückgegeben hat“.

Das russische Außenministerium hält unterdessen an seiner Position fest, wonach der Vertrag von Tartu seine Gültigkeit verloren hat, nachdem Estland Teil der UdSSR wurde. So erklärte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, daß „Rußlands Position bekannt ist: der Vertrag von Tartu ist seit langem Geschichte“, und er sei – wie alle anderen internationalen Abkommen, die Estland, auch mit Sowjetrußland, im Zeitraum zwischen 1920 und 1940, geschlossen hat – nicht mehr gültig. „Für uns ist dieses Thema endgültig abgeschlossen“, erklärte Sacharowa.

Die russische Botschaft in Estland weist darauf hin, daß die Baltenrepublik offiziell auf alle territorialen Ansprüche gegen Rußland verzichtet habe, als sie 2011 den gültigen Grenzvertrag unterzeichnete. Die russische Seite habe keine offizielle Mitteilung darüber erhalten, daß sich an dieser Position etwas geändert habe, heißt es aus der russischen Botschaft. (mü)

Bildquelle: Wikimedia/Made by Konrad Zielinski, son of Julo/CC BY-SA 1.0

2 Kommentare

  1. wana sagt:

    Russland ist wie Polen ein AGRESSOR und Land-Räuber.
    Russland muss auf seine natürlichen europäischen und ethnischen Siedlungsraum zurückgestutzt werden, was garantiert gesehen wird, wenn Russland untergehen wird, da helfen auch keine Atomwaffen mehr.

  2. Mika sagt:

    Langsam wird es unseriös. Wer die baltische Geschichte und den bolschewistischen Terror kennt, den die 3 Länder erdulden musste, kann nicht von „baltischen Provokationen“ sprechen.

Schreibe einen Kommentar

Die maximale Zeichenanzahl bei Kommentaren ist auf 2000 begrenzt.

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.