Nach dem Tod eines äthiopischen Juden: Krawalle in Israel eskalieren

6. Juli 2019
Nach dem Tod eines äthiopischen Juden: Krawalle in Israel eskalieren
International
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Foto: Symbolbild

Tel Aviv. Israel sieht sich nach dem Tod eines Juden mit äthiopischen Wurzeln wieder einmal mit dem Apartheid-Vorwurf konfrontiert. Seit Tagen gibt es in zahlreichen Städten Auseinandersetzungen mit der Polizei, und zahlreiche Autos wurden in Brand gesteckt. Die Demonstrationen richten sich gegen Polizeigewalt und „Rassismus“ gegen schwarze Juden.

Die Wurzeln der Proteste liegen tiefer. Seit Jahrzehnten werden die in zwei großen Wellen in den Jahren 1984 und 1991 eingewanderten äthiopischen Juden in Israel diskriminiert.

Am Sonntag hatte nach Polizeiangaben in der Hafenstadt Haifa ein Polizist einen Streit beobachtet. Er habe die sich streitende Gruppe angesprochen, diese habe ihn daraufhin mit Steinen beworfen. Er habe um sein Leben gefürchtet und geschossen. Ein 18jähriger Jude mit äthiopischen Wurzeln wurde tödlich getroffen. Augenzeugen berichteten laut israelischen Medien, der Polizist sei nicht in Gefahr gewesen und habe die Jugendlichen mit der Waffe bedroht.

Seither setzen Demonstranten Fahrzeuge in Brand und blockieren zentrale Kreuzungen unter anderem in Tel Aviv. Zehntausende Menschen standen dort am Dienstag im Stau. Die bisher größten Ausschreitungen gab es am Dienstagabend. Nach Angaben des Rettungsdienstes und der Polizei wurden mindestens 147 Menschen verletzt, darunter 111 Polizisten. 136 Demonstranten wurden laut Polizei festgenommen.

Präsident Rivlin und Ministerpräsident Netanyahu zeigten in Stellungnahmen Anteilnahme an der Trauer und Verständnis für die Kritik der Demonstranten. Sie riefen jedoch zu einer Beruhigung der Lage und zum Dialog auf.

Ende 2017 lebten nach Angaben des israelischen Statistikbüros rund 149.000 Juden mit äthiopischen Wurzeln in Israel. Sie wurden in den 90er-Jahren zum Teil mit Militärtransportflugzeugen über eine Luftbrücke nach Israel geholt, als sich ihre Situation im Zuge des Bürgerkrieges zwischen 1974 und 1991 enorm verschlechterte. Die soziale Integration der sogenannten Falascha (Ausgewanderte) gestaltet sich aber schwierig: am Arbeitsplatz, bei der Wohnungssuche oder der Vergabe staatlicher Leistungen sehen sich viele diskriminiert. (mü)

 

Bildquelle: wikimedia/Zachi Evenor

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