Ein schwarzer Tag für die Freiheit: Ecuador lädt Polizei zur Festnahme Assanges ein

14. April 2019
Ein schwarzer Tag für die Freiheit: Ecuador lädt Polizei zur Festnahme Assanges ein
International
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Foto: Symbolbild

London. Die Tragödie um den seit 2012 in der ecuadorianischen Botschaft in London festsitzenden Gründer der Enthüllungsplattform WikiLeaks, Julian Assange, geht in eine neue Runde. Nachdem die neue Regierung Ecuadors unter Präsident Lenin Moreno Assange das diplomatische Asyl entzogen hatte, lud der ecuadorianische Botschafter nun offiziell die Polizei in die Londoner Botschaft ein, die Assange unverzüglich festnahm.

Der 47jährige Australier wurde britischen Behördenangaben zufolge auf der Grundlage eines im Juni 2012 durch ein Londoner Gericht ausgestellten Haftbefehls festgesetzt. Der Haftbefehl wurde erlassen, nachdem Assange zuvor nicht vor Gericht erschienen war. Er sei nun vorläufig festgenommen worden und werde „so schnell wie möglich“ vor Gericht gestellt, heißt es.

Möglich ist nun auch eine Auslieferung an US-Behörden. Dort droht dem ehemaligen Computerhacker und Programmierer ein Prozeß, nachdem er auf seiner Plattform WikiLeaks mehrfach interne Dokumente von US-Armee und -Behörden veröffentlichte, unter anderem zu den Kriegen in Afghanistan und im Irak. Mit juristischen Nachstellungen muß Assange aber auch aus Schweden rechnen – dort werden Vergewaltigungsvorwürfe gegen ihn erhoben. Diese wurden zwar 2017 zu den Akten gelegt, die Anwältin der Frau, die Assange 2010 wegen Vergewaltigung angezeigt hatte, erklärte nun aber, sie werde „alles dafür tun“, daß die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen wieder aufnehme und Assange nach Schweden ausgeliefert werden könne.

Der ecuadorianische Präsident Lenin Moreno verteidigte den Entzug des diplomatischen Asyls und erklärte in einer Videobotschaft, er habe von Großbritannien die Zusicherung gefordert, daß Assange in kein Land ausgewiesen werde, in dem ihm „Folter oder Todesstrafe“ drohten. Die britischen Behörden hätten ihm dies schriftlich bestätigt. Amtsvorgänger Rafael Correa warf Moreno hingegen „Verrat“ vor.

Im Oktober des Vorjahres hatte Ecuador begonnen, Assanges Besuche und Kommunikationsmittel einzuschränken. So war ihm der Zugang zum Internet gekappt worden. WikiLeaks-Chefredakteur Kristin Hrafnsson berichtete auch, daß Assange in der Botschaft seit geraumer Zeit einer Rundum-Überwachung ausgesetzt war. Dabei seien selbst vertrauliche Gespräche mit Ärzten und Anwälten mit hochauflösenden Videokameras und Mikrofonen aufgezeichnet worden.

Eine Erklärung für die bereitwillige Kooperation der neuen ecuadorianischen Regierung liefern nach Einschätzung von Beobachtern möglicherweise die sogenannten INA-Papers. Dabei handelt es sich um eine Reihe von Dokumenten, die einem ecuadorianischen Abgeordneten zugespielt wurden. Darin sollen Hinweise auf illegale Geschäfte von Präsident Moreno und seiner Familie enthalten sein. Konkret ist die Rede von Schmiergeldzahlungen im Zusammenhang mit einem Wasserkraftwerk, die teilweise auf Konten der Firma INA Investments Corp. flossen. Das Unternehmen gehört Morenos Bruder Edwin Moreno. Die Generalstaatsanwaltschaft hat eine Untersuchung eingeleitet. Moreno wies die Vorwürfe zurück und sprach von einer Schmutzkampagne.

Die russische Regierung kritisierte Großbritannien wegen Assanges Festnahme mit deutlichen Worten. „Die Hand der ,Demokratie‘ erwürgt die Freiheit“, schrieb die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, auf Facebook und kündigte an, Rußland werde den „beispiellosen“ Fall im Rahmen internationaler Gremien thematisieren. Der frühere US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden sprach von einem „traurigen Tag für die Pressefreiheit“. (mü)

 

Bildquelle: flickr/Espen Moe/CC BY 2.0

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