London. Nachdem London jetzt offiziell den britischen Austritt aus der EU bekanntgegeben hat, zeichnet sich auch das Wie ab: die Regierung veröffentlichte ein Weißbuch zur „Great Repeal Bill”, dem Großen Aufhebungsgesetz, das formell die Gültigkeit von europäischem Recht in Großbritannien beenden wird.
Das Aufhebungsgesetz wird den „European Communities Act” abschaffen, der 1972 den britischen Beitritt zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft regelte und dabei festlegte, daß europäisches Recht künftig auch in Großbritannien Gültigkeit besitze. Es soll bis Mitte 2018 beschlossen werden, aber erst dann in Kraft treten, wenn Großbritannien in zwei Jahren die EU endgültig verlassen hat.
Die „Great Repeal Bill” ist der legislative Ausdruck der Zurückerlangung der nationalen Souveränität und beendet die Jurisdiktion des Europäischen Gerichtshofs in Großbritannien.
Formall werden zunächst sämtliche EU-Vorschriften und Regelungen in britisches Recht umgewandelt, in einem zweiten Schritt sollen dann nach und nach rund 20.000 Gesetze und Vorschriften durchforstet werden, um sie erforderlichenfalls umzuschreiben oder zu streichen. Dabei soll auch eine historische Kuriosität wieder Geltung erhalten – die sogenannten „Heinrich-VIII-Vollmachten“. Dem Tudor-König wurde 1539 im „Statute of Proclamations” zugestanden, eigenmächtig durch Proklamierungen, also ohne Mitwirkung des Parlaments, Gesetze abzuändern. Die Regierung argumentiert, daß diese Regelung wegen der Masse an Verordnungen unumgänglich sei. Im übrigen sollen die Vollmachten aber zurückhaltend angewandt werden. Der Oppositionsführer und Labour-Chef Jeremy Corbyn warnte die Regierung bereits, „diktatorische” Prozeduren zu gebrauchen: „Wir werden nicht einfach dasitzen und erlauben, Demokratie zu übergehen und uns eine Reihe von Diktaten zu präsentieren, was in der Zukunft passieren wird.” (mü)