Brüssel/Kabul. Dreizehn Jahre währte der Einsatz der „Staatengemeinschaft“ unter NATO-Führung in Afghanistan. Seit einem Jahr ist die Mission offiziell beendet, auch wenn nach wie vor Truppen unter anderem der USA und Deutschlands am Hindukusch im Einsatz sind. Doch sie stehen offenbar auf verlorenem Posten. In NATO-Kreisen rechnet man inzwischen ziemlich unverblümt damit, daß Afghanistan wieder an die Taliban fällt.
Die große Achillesferse ist nach NATO-Einschätzung die mit erheblichen internationalen Finanzhilfen aufgebaute afghanische Armee (ANA) – sie ist nämlich kaum einsatzbereit. Insgesamt stuft die NATO landesweit nur eine der insgesamt 101 Infanterie-Einheiten als „bereit für den Kampf” ein. 38 Einheiten verzeichneten dagegen „massive Probleme”. Zehn Bataillone mit je rund 600 Soldaten seien sogar überhaupt nicht einsatzfähig.
Als Grund dafür führen die NATO-Militärs hohe Verluste und Desertionen an. Statistisch gesehen hat die ANA 2015 jeden Tag 22 Soldaten im Kampf verloren. Mit mehr als 8.000 Toten in einem einzigen Jahr sind die Verluste damit im Vergleich zum Vorjahr um 42 Prozent gestiegen. Zusammen mit der hohen Zahl an Deserteuren, die einfach verschwinden oder gleich zu den Taliban überlaufen, verliert die afghanische Armee jedes Jahr ein Drittel ihrer Soldaten.
Unter diesen Umständen verwundert es nicht, daß ein gutes Jahr nach dem Abzug der internationalen Truppen die Taliban wieder große Teile Afghanistans unter ihre Kontrolle gebracht haben. Erst im September überrannten sie die Provinzhauptstadt Kunduz, in der die Bundeswehr von 2006 bis 2013 ein Feldlager unterhielt. Erst nach zwei Wochen konnten afghanische Regierungseinheiten die 300.000-Einwohner-Stadt zurückerobern. (mü)
[…] beendet und die Verantwortung für die Sicherheit den afghanischen Sicherheitskräften übergeben. Doch deren Einsatzbereitschaft ist fraglich. Erst vor wenigen Wochen sickerte aus NATO-Kreisen die E… 38 Einheiten verzeichneten dagegen „massive Probleme”. Zehn Bataillone mit je rund 600 Soldaten […]