London. Es sind halbwegs offizielle Zahlen, aber sie dürften nur einen kleinen Ausschnitt aus dem tatsächlichen Grauen wiedergeben: die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR) teilte am Sonntag mit, sie habe seit Ende Juni 2014 insgesamt 3.591 von der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) verübte Hinrichtungen in Syrien dokumentiert. Unter den Todesopfern sollen sich 1.945 Zivilisten, darunter 103 Frauen und 77 Kinder, befunden haben. Die Opfer wurden unter anderem der Hexerei, Homosexualität oder des Verrats beschuldigt.
Der Beobachtungsstelle zufolge handelte es sich bei fast der Hälfte der hingerichteten Zivilisten um Mitglieder des sunnitischen Schaitat-Stammes. Der IS hatte im Jahr 2014 mehr als 900 Stammesangehörige in der Provinz Deir Essor getötet, nachdem diese sich gegen die ebenfalls sunnitischen Extremisten aufgelehnt hatten.
Neben den Zivilisten wurden den Angaben zufolge 975 Regierungssoldaten und fast 250 Kämpfer anderer Rebellengruppen ermordet, aber auch mehr als 400 Kämpfer aus den eigenen Reihen, die desertieren wollten.
Die Beobachtungsstelle mit Sitz in Großbritannien stützt sich auf zahlreiche Aktivisten vor Ort, ihre Angaben sind von unabhängiger Seite schwer zu überprüfen, haben sich in der Vergangenheit aber meist als zutreffend herausgestellt. Bei den jetzt dokumentierten rund 3.500 Opfern seit Juni 2014 dürfte es sich aber um eine glatte Untertreibung handeln – die Zahl berücksichtigt nicht ungezählte bereits vorher massakrierte Zivilisten, ermordete Regierungssoldaten, Kurden und Jeziden. Allein die Verluste unter der jezidischen Minderheit dürften nach den jüngsten Funden von Massengräbern die offiziell dokumentierten 3.500 Toten seit Ausrufung des „Kalifats“ locker in den Schatten stellen. (mü)