Griechenland: Nach dem Wahlsieg der Linken stehen der EU spannende Zeiten bevor

11. Februar 2015
Griechenland: Nach dem Wahlsieg der Linken stehen der EU spannende Zeiten bevor
International
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Foto: Symbolbild

Athen/Brüssel. Kein Zweifel, das wird spannend. Nicht nur Griechenland ist seit den jüngsten Parlamentswahlen Ende Januar nicht mehr das, was es zuvor war. Mit Zeitverzögerung gilt das auch für das übrige Europa.

Beobachter im In- und Ausland hatten den Erfolg der linksextremen „Syriza“ zwar erwartet. Doch nun ist er da, und auch wenn die erreichten 36,34 Prozent nicht die absolute Mehrheit sind, so reichten sie doch, um zusammen mit den rechtspopulistischen „Unabhängigen Griechen“ eine neue Regierung ins Rennen zu schicken. Dies hat zur Folge, daß Griechenland im Gefolge der Januar-Wahl nunmehr das erste europäische Land seit geraumer Zeit ist, das faktisch wieder kommunistisch regiert wird.

Darüber soll man sich im restlichen Europa keine Illusionen machen. Die neue Regierung unter Alexis Tsipras ging praktisch vom ersten Tag an daran, ihre Wahlversprechen wahrzumachen – was prinzipiell eine gute Sache ist – und radikale Veränderungen vorzunehmen.

Davon ist die Wiedereinstellung aller in den letzten Jahren im Zuge des drastischen Sparkurses entlassenen Beamten noch nicht einmal die rabiateste. Sie kostet „nur“ viel Geld. Und damit möchte die neue Regierung künftig noch viel sorgloser umgehen, als es in Griechenland von jeher praktiziert wurde. Man sieht es daran, daß als eine der ersten Maßnahmen die Zusammenarbeit mit der sogenannten EU-„Troika“ aufgekündigt wurde – das ist jenes Gremium, das derzeit darüber wacht, daß Athen alle von Brüssel und der EZB verhängten „Sanierungs“-Schritte strikt umsetzt.

Weil diese Aufsicht einem Diktat des internationalen Bankenkapitals über die Griechen gleichkommt, das zu einschneidenden Kürzungen im Sozialbereich und zu einer Explosion der Arbeitslosenzahlen geführt hat, kann man Tsipras’ trotzige Rebellion gegen die „Troika“ durchaus nachvollziehen. Nur werden sich das übrige Europa und nicht zuletzt die immer spendablen Deutschen jetzt entscheiden müssen, wie damit umgegangen werden soll.

Denn die selbstbewußte Gangart der Linken in Athen zwingt die EU-Nomenklatura jetzt dazu, endlich einmal über ihre festgefahrenen Rezepte hinauszudenken und – horribile dictu – Alternativen in Betracht zu ziehen. Das Geld der nord- und mitteleuropäischen Steuerzahler nehmen, damit die Banken vor ihren Griechenland-Risiken retten und die Griechen selbst in Armut und Massenarbeitslosigkeit versinken lassen – diese Politik wird ab sofort nicht mehr möglich sein, will man Griechenland nicht ganz offen zum Faß ohne Boden deklarieren.

Vielleicht ist die europäische Schuldenkonferenz, die Tsipras einfordert, ein brauchbarer Ansatz. Denn das Griechenland geborgte Geld ist verloren, egal ob es sich die Euro-Gemeinschaft sofort eingesteht oder später zähneknirschend zur Kenntnis nehmen muß.

Die viel interessantere Frage ist freilich, was jenseits der nächsten Schuldenschnitte kommt – und zwar weit über Griechenland hinaus. Der russische Präsident Putin hat Athen jüngst finanzielle Unterstützung angeboten. Was, wenn das Land, um allen weiteren Verpflichtungen und Auflagen der EU-Partner ein für allemal zu entgehen, kurzerhand der Eurasischen Wirtschaftsunion beiträte, die zum Jahresbeginn ihre Arbeit aufgenommen hat und eines der besonders ambitionierten Projekte des Kremlchefs darstellt?

Phantastisch? Aber so spielt die Geschichte. Wenn nicht alles täuscht, ist die Zeit der „Alternativlosigkeiten“ vorbei, und es wird wieder richtig interessant in unserem Weltteil. Bei allem neokommunistischen Irrsinn, der jetzt in Athen noch von der Leine gelassen wird, muß man den Griechen dafür sogar fast dankbar sein. (ds)

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