Freihandelsabkommen: So wollen USA und EU das TTIP gegen die nationalen Parlamente durchdrücken

31. Mai 2014
Freihandelsabkommen: So wollen USA und EU das TTIP gegen die nationalen Parlamente durchdrücken
Wirtschaft
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Foto: Symbolbild

Washington/Brüssel. Über das Transatlantische Freihandelsabkommen TTIP zwischen den USA und der EU wird hinter verschlossenen Türen verhandelt. Doch das, was von den Planungen durchsickerte, löste in den letzten Monaten heftige Kritik in den EU-Mitgliedstaaten aus.

So wird beispielsweise eine Absenkung der Standards bei Lebensmitteln und Gentechnik auf das niedrige Niveau in den USA befürchtet. Vor allem könnten geplante „Investitionsschutzklauseln“ die Nationalstaaten gegenüber Großkonzernen praktisch unbegrenzt haftbar machen, wenn die Entscheidungen der gewählten Parlamente nicht den Vorstellungen der Konzerne entsprechen.

Doch die EU-Kommission will das Freihandelsabkommen unter allen Umständen und ist bereit, es nötigenfalls auch gegen den Widerstand einzelner EU-Mitgliedsländer durchzusetzen. Denn wenn es einmal beschlossen ist, dann ist das Abkommen praktisch unumkehrbar: Einmal beschlossen, sind die Verträge für gewählte Politiker nicht mehr zu ändern. Denn bei jeder Änderung müssen alle Vertragspartner zustimmen. Deutschland allein könnte aus dem Vertrag auch nicht aussteigen, da die EU den Vertrag abschließt.

EU-Handelskommissar Karel De Gucht möchte daher verhindern, daß die Parlamente der EU-Mitgliedstaaten über das Freihandelsabkommen TTIP entscheiden. Er hat auch schon eine Idee und will die Mitsprache der Nationalstaaten durch einen juristischen Trick umgehen. De Gucht deklariert das TTIP-Abkommen als ein Abkommen nur zwischen der EU und den USA und kein „gemischtes Handelsabkommen“.

Für die Zustimmung zu einem gemischten Abkommen, das bestimmte Interessen der Staaten berührt, wird die Zustimmung aller Mitgliedstaaten benötigt. Dies bedeutet, daß in Deutschland auch Bundestag und Bundesrat abstimmen würden. Handelt es sich aber nur um ein Abkommen zwischen der EU und den USA, würden die Mehrheit im EU-Parlament und eine einfache Mehrheit der Regierungen der Mitgliedsländer für eine Zustimmung zum Abkommen ausreichen.

Nach aktuellem Diskussionsstand möchten sich die meisten europäischen Regierungen bis zum Schluß ein Mitspracherecht vorbehalten. Sie vertreten daher die Rechtsauffassung, es handle sich um ein „gemischtes Abkommen“. EU-Kommissar De Gucht, der selbst nicht demokratisch in sein Amt gewählt wurde, und seine Kollegen von der EU-Kommission wollen jedoch die einzelnen EU-Staaten vom Entscheidungsprozeß ausschließen.

Nun soll der Europäische Gerichtshof (EuGH) über die Frage entscheiden, um welche Art von Abkommen es sich bei TTIP handelt. De Gucht rechnet sich gute Chancen auf eine Entscheidung in seinem Sinne aus, denn der EuGH gilt als eher Brüssel-freundlich. Nicht wenige Beobachter sehen in der Vorgehensweise De Guchts und der EU-Kommission das Werk von Lobbygruppen der US-Industrie, internationaler Großkonzerne und Finanzgruppen.

De Guchts Vorstoß kann als weiterer Meilenstein in Richtung „Vereinigte Staaten von Europa“ und als Angriff auf die Kernkompetenzen der demokratisch gewählten Parlamente der einzelnen EU-Staaten gewertet werden. Um die Brüsseler Macht zu stärken, will die EU nicht nur die gewählten Parlamente von der Mitbestimmung weitgehend ausschließen. Auch die Bürger sollen nichts über die geplanten Inhalte des TTIP-Abkommens erfahren, bevor nicht alles in den Hinterzimmern entschieden ist. Sie sollen sich daran gewöhnen, daß ein Superstaat wie die „Vereinigten Staaten von Europa“ nur zentral von Brüssel aus, also mit quasi-diktatorischen Mitteln, regiert werden kann. (ds)

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