„Die spinnen, die Schweizer“: Deutsche Politiker nach Votum gegen Masseneinwanderung in Rage

10. Februar 2014

Flagge der Schweiz (Foto: Wikimedia/Roland Zumbühl, CC BY-SA 3.0)

Bern/Berlin. Deutsche Politiker der etablierten Parteien haben mit wüsten Ausfällen und Verärgerung auf die knappe Annahme der Volksinitiative gegen Masseneinwanderung am Sonntag in der Schweiz reagiert.

Der stellvertretende Bundesvorsitzende der SPD, Ralf Stegner, schrieb am Sonntagabend beim Kurznachrichtendienst Twitter: „Die spinnen, die Schweizer“. Wenige Minuten später legte er nach: „Geistige Abschottung kann leicht zur Verblödung führen.“ Finanzminister Wolfgang Schäuble sagte der ARD, die Entscheidung werde eine Menge Schwierigkeiten für die Schweiz verursachen. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Joachim Poss erklärte, er sei „entsetzt“. Es bringe ihn „ins Grübeln, daß solche populistische Positionen bei einer Abstimmung mehrheitsfähig sind.“ Der CDU-Europaabgeordnete Andreas Schwab sagte der „Basler Zeitung“, das Ergebnis „können wir nicht hinnehmen.“ Er werde sich dafür einsetzen, „daß die EU das Personenfreizügigkeitsabkommen aufkündigt und die Guillotineklausel aktiviert, Punkt.“ Dies würde die Aufkündigung aller weiteren bilateralen Verträge zwischen der Schweiz und der EU bedeuten.

Auch die selbsternannten deutschen „Qualitätsmedien“ ließen sich nicht lumpen. Der „Weser-Kurier“ beispielsweise griff direkt zur Nazi-Keule: Der Slogan „Das Boot ist voll „bedeutete zu Zeiten der Nazi-Herrschaft für Tausende deutscher Juden den sicheren Tod“, so das Blatt. „Denn dieser Satz stand für eine gnadenlose Leitlinie der Schweizer Politik. Man schickte die Menschen, die in höchster Not in das vermeintlich neutrale Land geflohen waren, wieder zurück. Es war kein Platz in der Eidgenossenschaft für noch mehr ‚Fremde‘, das war die Botschaft, die über Leben und Tod entschied.“ In genau dieser „unseligen Tradition“ stehe das Referendum, den Abschied der Schweiz „aus der ohnehin schon brüchigen europäischen Solidargemeinschaft“ bedeute. Und weiter: „Wie soll eine zukünftige gemeinsame europäische Zuwanderungs- und Flüchtlingspolitik aussehen, wenn sich im Herzen des Kontinents das kleine helvetische Dorf im Überfremdungswahn abschottet? Nicht das Boot, werte Eidgenossen – das Maß ist voll!“ Auch der „Focus“ reihte sich in diesen Tenor ein und forderte seine Leser zu Einsendungen auf zum Thema „Haben Sie Rassismus in der Schweiz erlebt?“

Unterstützung kam hingegen von Europas Rechtsparteien. Der Vize-Vorsitzende des französischen Front National, Florian Philippot, schrieb bei Twitter: „Gut gemacht, Schweiz!“ Heinz-Christian Strache, Chef der österreichischen FPÖ, bezeichnete das Ergebnis als „großen Erfolg“. „Auch in Österreich würden sich die meisten Menschen für eine Begrenzung der Zuwanderung aussprechen“, wenn man sie denn befragen würde, so Strache. Das Schweizer Ergebnis bestärke die FPÖ in ihrem Kampf für die Einführung der direkten Demokratie auch in Österreich. Der Parteivorsitzende der britischen United Kingdom Independence Party, Nigel Farage, gratulierte ebenfalls. „Würde man dem britischen Volk sein eigenes Referendum zu diesem Thema geben, wäre das Resultat dasselbe“, so Farage.

Zurückhaltender reagierte der Vorsitzende der Alternative für Deutschland (AfD), Bernd Lucke. „Das Votum sollte ernst genommen werden“, sagte er der „Basler Zeitung“. Unabhängig von dessen Inhalt sei auch in Deutschland ein Einwanderungsrecht zu schaffen, das auf Qualifikation und Integrationsfähigkeit achte und eine Einwanderung in die Sozialsysteme wirksam unterbinde. Deutlicher wurden mehrere Landesverbände der Partei. Die bayerische AfD gratulierte den Schweizern zum Ergebnis, in Mecklenburg-Vorpommern wurde die „Vorbildfunktion“ der Schweiz gelobt und der Landesverband Sachsen sprach von einem „Sieg der Demokratie“.

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