Justiz und Rechtsstaat: „Rollator-Putschisten“ jetzt 1.060 Tage in U-Haft

19. November 2025
Justiz und Rechtsstaat: „Rollator-Putschisten“ jetzt 1.060 Tage in U-Haft
Kultur & Gesellschaft
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Foto: Symbolbild

Stuttgart/München/Mannheim. In Deutschland darf Untersuchungshaft höchstens sechs Monate dauern – es sei denn, sie dauert länger. Dann sprechen Gerichte von „besonderen Umständen“. Für Heinrich XIII. Prinz Reuß und seine Mitangeklagten, denen ein geplanter „Reichsbürger“-Putsch vorgeworfen wird, bedeutet das: fast drei Jahre hinter Gittern, ohne Urteil. Zwei der Beschuldigten sind inzwischen sogar verstorben. Reuß, der am 4. Dezember 74 Jahre alt wird, zählt über 1.060 Tage in Haft – 1.060 Nächte, 3.180 Gefängnismahlzeiten.

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Die Verhaftung des betagten Adligen im Dezember 2022 war ein bundesweites, von der damaligen SPD-Innenministerin Faeser routiniert inszeniertes Spektakel. Rund 3.000 Beamte rückten aus, begleitet von vorab informierten ausgewählten Kamerateams. In Bayern, Sachsen und Thüringen stürmten Spezialkräfte Wohnungen und Anwesen, auf der Suche nach einer Gruppe, die angeblich einen Staatsstreich plante – sogar den Angriff auf den Bundestag soll sie vorbereitet haben. Das Bild des festgenommenen Prinzen – in Tweedjacke, Halstuch, Handschellen – erlangte Berühmtheit.

Die sichergestellten Funde indes wirkten weniger staatsgefährdend als kurios: eine „unsachgemäß gelagerte Pistole“, ein paar Munitionspäckchen, ein Totschläger auf dem Nachttisch, dazu Handys, Laptops und „Militärausrüstung“ – darunter ein Kevlarhelm, ein Multifunktionsgürtel, ein Einhandmesser und die Attrappe einer Stielhandgranate. Das alles reichte, um eines der größten Staatsschutzverfahren der Bundesrepublik in Gang zu setzen.

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700 Leitz-Ordner, 400.000 Seiten Beweismaterial – und noch immer ist weit und breit kein Urteil in Sicht. Was vor fast drei Jahren als Schlag gegen eine angeblich gefährliche Verschwörung begann, hat sich im undurchdringlichen juristischen Unterholz verfangen. Die Hochsicherheitszellen in Stuttgart-Stammheim, München-Stadelheim und Frankfurt bleiben weiter belegt. Warum aus sechs Monaten U-Haft inzwischen fast drei Jahre geworden sind, vermag die bundesdeutsche Justiz allerdings nicht zu erklären. Auch diesen Fall wird man in den USA mit großem Interesse verfolgen. Dort hat man inzwischen massive Zweifel am bundesdeutschen Rechtsstaat. (rk)

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