Wien. Nicht nur in Deutschland, auch im benachbarten Österreich kämpfen die Streitkräfte offenbar am Limit. Das geht jetzt aus dem mit Spannung erwarteten „Zustandsbericht“ des Bundesheeres hervor, den der österreichische Verteidigungsminister Starlinger dieser Tage vorstellte.
Der Bericht zeichnet ein verheerendes Bild, wie man es bislang nur von der deutschen Bundeswehr kannte. Ein flächendeckender Schutz der österreichischen Bevölkerung ist demnach nicht mehr gewährleistet. Und wenn das Bundesheer nicht sofort mit mehr Mitteln ausgestattet werde, werden seine Fähigkeiten in zehn Jahren auf null Prozent heruntergefahren – das sind die Kernaussagen des Starlinger-Berichts.
Das Papier empfiehlt eine Erhöhung des Verteidigungsbudgets im kommenden Jahr von derzeit 2,2 auf 3,1 Milliarden Euro und eine schrittweise Anhebung auf ein Prozent des BIP bis 2030 sowie eine unverzügliche Entscheidung über die künftige Ausgestaltung der Luftraumüberwachung.
Der gesamte Investitionsbedarf des Bundesheeres liegt allerdings viel höher – er liegt bei 16,2 Milliarden Euro. Dieses Geld ist zusätzlich zur Erhöhung des Regelbudgets vonnöten, um das Militär bei Ausrüstung, Waffen, Personal und Gerät auf den gewünschten Ist-Zustand zu bringen. Allein für die gepanzerte Mobilität der Infanterietruppe werden sechs Milliarden gebraucht, die Luftstreitkräfte brauchen inklusive Abfangjäger-Update 2,2 Milliarden.
Der von Starlinger in Auftrag gegebene Bericht stützt sich auf Expertenwissen aus dem In- und Ausland. „Die Welt wird gefährlicher. Es besteht ein erhöhter Schutzbedarf“, erklärte der Verteidigungsminister der Presse gegenüber. Bei gleichbleibendem Budget würden Ausgabengebiete des Bundesheeres wie Katastrophenhilfe, Schutzoperation und Assistenzeinsätze bis 2030 nicht mehr abgedeckt werden. „Ein flächendeckender Schutz der österreichischen Bevölkerung ist jetzt schon nicht mehr gewährleistet“, so Starlinger.
Unter dem Strich besagt der Bericht, daß 2030 keine Waffengattung mehr wirklich einsatzfähig sein wird.
Besonders dringlich sind die Anschaffung von geschützter und ungeschützter Mobilität, die Soldatenausrüstung, Luftschutz und Digitalisierung. „Eine ganz große Baustelle ist die Drohnenabwehr. Außer ein paar Sensoren haben wir nichts“, räumte Starlinger ein. Von den 300 Schutzobjekten, die als „kritische Infrastruktur“ im Krisenfall geschützt werden müßten, könnte man mit der derzeitigen Ausrüstung nur ein halbes Objekt schützten, zeichnete Starlinger ein dramatisches Bild. Er hoffe, „daß der Bericht einen erhellenden und erleuchtenden Effekt auf die Politik hat“ und man sich auf das angestrebte Militärbudget im Ausmaß von einem Prozent des BIP verständigt.
SPÖ, FPÖ und Neos fordern nun rasche Maßnahmen. (mü)
Bildquelle: Wikimedia/Stefan97/CC-BY-SA 4.0