Ankara. Nicht nur in Westeuropa, sogar in der Türkei wächst die Angst vor einer Islamisierung durch syrische Flüchtlinge. Der türkische Staat reagiert jetzt.
Bis 20. August haben Syrer ohne offizielle Aufenthaltserlaubnis Zeit, die Millionenmetropole Istanbul zu verlassen. Wer der Aufforderung nicht nachkomme, werde in die Stadt zurückgebracht, in der er oder sie registriert sei, hieß es aus dem Gouverneursamt von Istanbul. Ausländer ohne Aufenthaltsgenehmigung werden außer Landes gebracht.
In der Türkei leben rund 3,6 Millionen Syrer. Die meisten von ihnen haben einen Gaststatus, mit dem auch eine Arbeitsgenehmigung verbunden ist. Von einzelnen Zwischenfällen abgesehen, verlief die Integration der Bürgerkriegsflüchtlinge bislang relativ problemlos.
In den vergangenen Wochen war es aber wiederholt zu antisyrischen Ausschreitungen gekommen. Am 29. Juni zerstörte eine Menschenmenge im Istanbuler Stadtteil Küçükçekmece syrische Geschäfte. Anlaß war ein Gerücht, das sich später als falsch herausstellte, wonach ein syrischer Mann ein türkisches Mädchen belästigt haben soll. Auch vor der Ankündigung der Stadtverwaltung war es zu Razzien gekommen, bei denen illegale Flüchtlinge inhaftiert wurden.
Klagten 2017 noch 54 Prozent der Türken über die Präsenz der Syrer, liegt dieser Anteil laut Umfragen nun bei 67,7 Prozent. Vor allem die beiden Rechtsparteien, die MHP und die Iyi-Partei, zeigen sich über die vielen Syrien-Flüchtlinge im Land nicht erfreut.
Seit 2015 ist die Grenze zu Syrien geschlossen. Seit 2017 werden in zehn türkischen Provinzen, neun davon an der Grenze zu Syrien, auch keine neuen Flüchtlinge aus dem Nachbarland mehr registriert. Präsident Erdogan hatte immer wieder angekündigt, daß bald eine Million Flüchtlinge in die von der türkischen Armee befriedeten Gebiete in Afrin und Idlib zurückkehren werde. Bisher ist das aber nicht geschehen. (mü)