Belgrad. Das Kosovo bleibt auch fast zwanzig Jahre nach dem völkerrechtswidrigen Überfall der NATO auf das frühere Jugoslawien ein Zankapfel. Das wurde jetzt beim Besuch des stellvertretenden US-Außenministers Wess Mitchell in Belgrad deutlich.
Eigentlich ist Serbien auf dem Weg zur EU-Mitgliedschaft. Die EU macht zur Voraussetzung für einen Beitritt Belgrads, daß alle Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem früher zu Jugoslawien gehörenden Kosovo zuvor beigelegt sind.
Beim jetzigen Besuch Mitchells, der in der US-Administration für europäische und eurasische Angelegenheiten zuständig ist, wurden allerdings erhebliche Differenzen mit dem serbischen Präsidenten Vučić deutlich. Zwar einigte man sich in einem „offenen und guten“ Gespräch über bilaterale Wirtschaftsbeziehungen, Reformen und die europäische Integration Serbiens. Zum Streitpunkt wurde aber die mögliche Formierung einer kosovarischen Armee.
Mitchell erklärte, das Kosovo habe Anspruch auf eigene professionelle Sicherheitskräfte. Diese stellten keine Bedrohung für Serbien dar. Vučić hingegen wies darauf hin, daß es kein offizielles Dokument gibt, das dem Kosovo das Recht gibt, eigene Streitkräfte aufzubauen. Es gebe dafür keine völkerrechtliche Rechtsgrundlage.
Vučić räumte bei dieser Gelegenheit auch freimütig ein, Serbien könne ohne die Amerikaner das Kosovo-Problem oder andere Streitigkeiten in der Region nicht lösen. Eine andere Einschätzung der Dinge sei „naiv und unverantwortlich“. Der serbische Präsident wurde noch deutlicher und erklärte, Belgrad sei bereit, Kompromisse zu diskutieren, „aber wir können die Demütigung unseres Volkes und die Zerstörung unseres Staates nicht akzeptieren.“
Schützenhilfe erhält Belgrad unterdessen aus Moskau. Maria Sacharowa, Sprecherin des russischen Außenministeriums, erklärte: „Die Schaffung von Streitkräften im Kosovo – einer Struktur, die keineswegs einer echten Staatsstruktur nahe kommt – verschärft die ohnehin schon angespannte Situation weiter.“ (m