Hamburg hat abgestimmt. In der Volksbefragung, ob die Hansestadt sich für die olympischen Sommerspiele 2024 bewerben soll, hat sich eine Mehrheit von 51,6 Prozent der abgegebenen Stimmen gegen eine Bewerbung ausgesprochen. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 50 Prozent. In den Monaten und Wochen zuvor war eine beispiellose Werbekampagne entfacht worden, um den Hamburgern das Sportspektakel schmackhaft zu machen. Bekannte Sportler und Hamburger Prominente rührten die Werbetrommel zugunsten Olympias, in vorderster Front natürlich ein breites Parteienbündnis mit der regierenden rot-grünen Koalition an der Spitze.
Am Abend des 29. November war der Katzenjammer insbesondere beim Ersten Bürgermeister Olaf Scholz sowie beim Innen- und Sportsenator Michael Neumann (beide SPD) außerordentlich groß. “Damit hätten wir nicht gerechnet. Uns hat stets eine Welle der Unterstützung getragen”, hieß es aus dem Munde der Politiker. Ganz offensichtlich liegt hier ein krasser Fall von Selbsttäuschung vor. Man hatte sich von der eigenen Propaganda einlullen lassen. Die Hamburger sind gebrannte Kinder. Nach dem von Ole von Beust (CDU) verantworteten Debakel um die Elbphilharmonie traut man den Rechenkünsten der Regierenden nicht mehr. Und als dann in der Woche vor der Wahl eine Finanzierungszusage des Bundes ausblieb, war für den kühl kalkulierenden Hanseaten die Sache klar: Wenn nicht sicher ist, woher das Geld kommen soll, kann die Veranstaltung nicht stattfinden.
Zweierlei wird an diesen Vorgängen deutlich: einmal der gesunde Realitätssinn und das ausgeprägte Verantwortungsbewußtsein der Bevölkerung, die sich hart von der “Wir-schaffen-das-schon-irgendwie”-Mentalität der Politiker abheben, und zum anderen die “Gefahr”, die von Volksabstimmungen ausgeht. Trotz Einheitschors aller gesellschaftlich relevanten Kreise stimmte das Volk anders ab als gewünscht. Die Mächtigen wissen, daß – fragte man den Bürger – die deutsche Politik ganz anders aussehen würde. Und deshalb fragt man ihn möglichst nicht.
Olaf Haselhorst ist Chefredakteur der gesamtdeutschen Monatszeitschrift “Der Schlesier”. Die obige Kolumne erschien soeben in der Januarausgabe 2016 des „Schlesier“.
Und deshalb hat jedes Vorhaben oder Gesetz, der Bevölkerung zur Abstimmung vorgelegt zu werden.
Die jetzige Situation, dass die Politik machen kann was sie will, und das gnadenlos zum Nachteil der Bevölkerung ausgenutzt hat, kann nicht länger geduldet werden.