Dresdner Weltwunder – Die Frauenkirche ist wieder ein würdiges Wahrzeichen

18. Oktober 2015
Dresdner Weltwunder – Die Frauenkirche ist wieder ein würdiges Wahrzeichen
Kultur & Gesellschaft
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Foto: Symbolbild

Artikel „Dresdner Weltwunder“ aus der aktuellen Druckausgabe des Deutschen Nachrichtenmagazins ZUERST!

Vor zehn Jahren wurde die wiederaufgebaute Frauenkirche eingeweiht. Der Weg dorthin war keineswegs einfach: Zu verdanken war der Wiederaufbau vor allem den Dresdner Bürgern 

450 Posaunen erklangen an diesem Morgen unter dem wolkenlosen Himmel der sächsischen Landeshauptstadt. Doch nicht nur für die Einwohner Dresdens war der 30. Oktober 2005 ein bedeutender Tag. In diesen Stunden schien die ganze Welt auf die Stadt zu blicken: Mehr als 60.000 Menschen hatten sich rund um die Frauenkirche in der historischen Altstadt versammelt, Journalisten und internationale Kamerateams suchten verzweifelt nach den besten Plätzen. Der 1996 begonnene Wiederaufbau eines der berühmtesten barocken Meisterwerke in Deutschland fand seinen Abschluß. Während außerhalb des neu errichteten Gotteshauses der Platz denkbar knapp wurde, lobte Jochen Bohl, damals Bischof der evangelisch-lutherischen Landeskirche Sachsens, vor zirka 1.800 Festgästen in dem barock-farbenprächtig gestalteten Gotteshaus salbungsvoll dessen erfolgreichen Wiederaufbau. Es handele sich um ein außergewöhnliches Zeichen der Versöhnung, so Bohl. Im Publikum saßen nicht nur der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), seine designierte Nachfolgerin Angela Merkel (CDU) und der zu dieser Zeit amtierende Bundespräsident Horst Köhler (CDU). Als Vertreter des englischen Königshauses war auch der Herzog von Kent anwesend. Doch diese plötzliche deutsch-britische Harmonie erschien keineswegs selbstverständlich: Als Königin Elisabeth II. ein Jahr zuvor zum Staatsbesuch nach Deutschland gereist war, hatten manche britische Medien zuvor empört behauptet, deutsche Politiker würden von ihr eine Entschuldigung für den angloamerikanischen Bombenterror gegen deutsche Städte während des Zweiten Weltkriegs erwarten.

Doch so weit kam es nicht: Schröder hatte die unter anderem von dem CSU-Bundestagsabgeordneten Norbert Geis vorgetragene Forderung hastig als „absurd“ abgekanzelt. Statt dessen kam nun aus Großbritannien ein anderes Zeichen der Versöhnung: Der Londoner Kunstschmied Alan Smith, Sohn eines der Bomberpiloten vom 13. Februar 1945, hatte ein mit Blattgold versehenes Kuppelkreuz im Wert von rund 500.000 Euro für die Frauenkirche geschaffen. Bereits sein Vater habe die Zerstörung Dresdens als zutiefst unmoralisch verdammt, so Smith. „Am Tag, als das Kreuz endlich auf der Kuppel fixiert wurde, konnte ich vom Turm aus die versammelte Menschenmenge von oben betrachten. Alle jubelten und applaudierten. Es war eine erhebende Stimmung. Ich fühlte mich wie in einem Traum. Eine Woge der Sympathie überschwemmte mich von allen Seiten. Dresdner, auch solche, die den Bombenkrieg miterlebt hatten, umarmten sich, und sie umarmten mich“, erinnerte sich der Schmied 2004 in der deutschen Zeitschrift Cicero an den 22. Juni 2004 in der sächsischen Landeshauptstadt. Denn bereits an diesem Tag wurde das sogenannte „Versöhnungskreuz“ unter der Anwesenheit von etwa 60.000 Schaulustigen auf die Kuppel der Kirche gesetzt. Bis zu zehn Stunden am Tag hatte Smith zuvor daran gearbeitet. Finanziert wurde es über die britische Stiftung „Dresden Trust“, die unter ihrem Schirmherrn, dem Herzog von Kent, mehr als eine Million Euro für die Frauenkirche gesammelt hatte. Und ebenso wie das nach der Tradition des 18. Jahrhunderts geschmiedete und mit Blattgold versehene Kuppelkreuz orientierte sich auch der gesamte Wiederaufbau eng am historischen Original. Die Sandsteine, die sich über Jahrzehnte hinweg auf dem 22.000 Kubikmeter großen Trümmerberg türmten, wurden dazu sorgfältig geborgen und katalogisiert. An die 100.000 Steine konnten auf diese Weise gerettet werden – ein Teil von ihnen wurde, zusammen mit hitzebeständigeren neuen Sandsteinen, beim Wiederaufbau verwendet. Heute besteht die Frauenkirche zu 44 Prozent aus ihrer ursprünglichen Bausubstanz. Der damalige, auch für den „Aufbau Ost“ zuständige Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen Manfred Stolpe (SPD) unterstrich im Zuge der Weihe stolz: „Hier haben alle an einem Strang gezogen und ein wichtiges Identifikationssymbol der Dresdner und aller Deutschen wieder erstrahlen lassen.“ Doch es waren vor allem Privatleute, die den Wiederaufbau eines der bedeutendsten Barockbauten in Deutschland ermöglicht hatten. Von den Baukosten, die insgesamt 182,6 Millionen Euro umfaßten, stammten allein 102,8 Millionen Euro überwiegend aus Schenkungen, Spenden, Erbschaften oder Zuwendungen. Insgesamt 600.000 private Spender aus aller Welt unterstützten den Wiederaufbau. Die öffentliche Hand hatte insgesamt rund 70 Millionen Euro beigesteuert, also etwas mehr als ein Drittel der gesamten Baukosten.

Die entscheidende Initiative zum Wiederaufbau ging am 13. Februar 1990 von Dresdner Bürgern aus: Angesichts der sich abzeichnenden deutschen Wiedervereinigung und der erstarkten christlichen Friedensbewegung in der DDR wurde damals der legendär gewordene „Ruf aus Dresden“ veröffentlicht. „Wir wenden uns an die Dresdner in der Ferne: Dankt Eurer Heimatstadt durch ein Opfer zur Wiedererrichtung der Frauenkirche. 45 Jahre nach ihrer Zerstörung ist auch für uns die Zeit herangereift, die Frauenkirche als einen verpflichtenden Besitz der europäischen Kultur wiedererstehen zu lassen. Darum rufen wir aus Dresden um Hilfe“, schloß dieser kurze Brief, den 22 Personen unterzeichnet hatten.

Zu den führenden Köpfen der Bewegung für den Wiederaufbau gehörte der erzgebirgische Trompeter und Dirigent Ludwig Güttler. Der spätere Vorsitzende der aus dem „Ruf aus Dresden“ hervorgegangenen „Gesellschaft zur Förderung des Wiederaufbaus der Frauenkirche in Deutschland e.V.“ warb unermüdlich für Spenden zum Wiederaufbau der Frauenkirche. Güttler mußte dafür ganze Überzeugungsarbeit leisten: Denn zu Beginn seiner Werbung für den Wiederaufbau stimmten gerade einmal rund zehn Prozent der Dresdner einem Wiederaufbau zu. Historiker, Kirchenvertreter und Architekten wollten die Ruine – im Sinne der DDR-Interpretation – als „Mahnmal gegen Faschismus und Krieg“ erhalten wissen und fürchteten einen historisierenden Neubau. „Eine Vielzahl evangelischer Kirchen hat uns die kalte Schulter gezeigt, als wir wegen Konzerten zugunsten der Frauenkirche angefragt haben. Es gab unverhohlene Ablehnung von offizieller Seite. Intern begann es aber auch zu bröckeln. Es hat Jahre gedauert, bis überhaupt eine Kollekte in der EKD [Evangelische Kirche Deutschlands] möglich wurde“, erinnerte sich Güttler 2006 in einem Interview mit der Mittelbadischen Zeitung. 1992 genehmigte die Stadtverordnetenversammlung schließlich den Wiederaufbau. Güttlers Hartnäckigkeit und medialer Beliebtheit war es zu verdanken, daß auch viele einst den Wiederaufbau ablehnende Dresdner geworben werden konnten.

Damit stand das Projekt Frauenkirche in einer guten Tradition: Schon der Bau des Originals von 1726 bis 1743 unter der Leitung des sächsischen Ratszimmermeisters und Architekten George Bähr wurde überwiegend durch Spenden wohlhabender Dresdner finanziert. Und bereits damals gab es einen Vorgängerbau: Dessen Ursprünge reichten bis ins 11. Jahrhundert zurück. Zu dieser Zeit entstand auf dem jetzigen Dresdner Neumarkt eine erste Missionskirche, die der Christianisierung der umliegenden sorbischen Dörfer diente. Als die mehrfach um- und ausgebaute gotische Kirche Anfang des 18. Jahrhunderts schließlich immer baufälliger wurde, entschied sich der Rat der Stadt Dresden für einen kompletten Neubau. Sachsens Kurfürst August der Starke wünschte ein imposantes Gotteshaus, ähnlich der an der Einfahrt des Canale Grande in Venedig thronenden Kuppelkirche Santa Maria della Salute. Der Barockbaumeister erfüllte den Wunsch seines Landesherrn. Es entstand ein überkuppelter Zentralbau auf quadratischem Grundriß. Noch während des Baus erfolgte die Weihe – mit provisorischem Altar und ohne Orgel. Zuerst hatte Bähr eine kupfergedeckte Holzkuppel geplant, doch diese Variante erwies sich schnell als zu teuer. Günstiger erschien dagegen ein Dach aus Sandstein. Denn dieses Baumaterial aus der nahegelegenen Sächsischen Schweiz besaß eine hohe Festigkeit, war relativ leicht zu verarbeiten und ließ sich per Schiff auf der Elbe günstig und schnell anliefern. Doch Bährs Entscheidung, die Kuppel komplett aus Stein zu errichten, sollte sich schwer rächen. Acht Innenpfeiler aus Sandstein sollten die insgesamt 12.000 Tonnen schwere Kuppel bis 1945 tragen, eiserne Ringanker sollten zusätzlich für Stabilität sorgen. Doch der weiche Sandstein der Pfeiler gab nach, bereits in den folgenden Jahrzehnten machte sich eine leichte Senkung der Kuppel bemerkbar.

Erst als von 1938 bis 1942 Stahlbetonringanker sowie Gurtbögen aus Stahlbeton zwischen den Pfeilern angebracht wurden, schien das Gotteshaus zumindest vorübergehend gesichert zu sein. Doch am 15. Februar 1945 erwies sich die Last der gewaltigen Kuppel als zu groß: Der verheerende Dresdner Feuersturm entflammte den mit Holz ausgestalteten Innenraum und ließ den relativ hitzeempfindlichen Sandstein schmelzen. Rund einen Tag nach dem vernichtenden Bombenangriff – als der die Kirche umgebende Neumarkt bereits komplett zerstört war – stürzte das Wahrzeichen Dresdens mit einem dumpfen Knall in sich zusammen.

Bis heute scheint die Vernichtung des alten Dresdens am 13. und 14. Februar auch die Dresdner Frauenkirche zu verfolgen. Im typischen, oberlehrerhaften bis senilen Ton konnte es Bundespräsident Joachim Gauck zum 70. Jahrestag der Bombardierung 2015 in dem Gotteshaus nicht unterlassen, von einer vermeintlich alleinigen deutschen Kriegsschuld sowie einem falschen „Selbstmitleid“ zu sprechen. Zeitgleich skandierten antideutsche Linksextremisten in diesen Tagen außerhalb der Frauenkirche „Bomber Harris, do it again!“. Doch an dem in altem Glanz erstrahlenden Meisterwerk Bährs selbst muß der Zeitgeist vorbeiziehen. Die Dresdner lassen sich die Freude über ihr wiedererstandenes Wahrzeichen nach wie vor nicht trüben. (Sven Häusler)

 

6 Kommentare

  1. Thomas sagt:

    Als mahnende Ruine für mutwillige Kulturvernichtung war sie mir lieber. Zumal sie nach dem Aufbau kein wirklich sakraler Ort mehr ist. Auf säkularer Beweihräucherung schrecklicher Ereignisse kann ich gerne verzichten. Es ist kein Zufall das es westdeutsche Mäzene waren, die diese Barbarei, die gleich hinter Hiroshima kommt, vergessen machen wollen.

    Im Übrigen sollte man den Angelsachsen den Wiederaufbau Dresdens komplett in Rechnung stellen. Die Zeit wird kommen, wo sie dafür zahlen werden. Irgendwann wir jede Rechnung fällig. Auch die für Dresden.

  2. Annuntiator sagt:

    Liebe Zuerst-Redaktion,

    was ist an meinem Beitrag vom 18.10. so schlimm, dass Sie ihn tagelang nicht freischalten, bis ohnehin niemand mehr diesen Artikel liest? Falls Sie sich durch ihn beleidigt fühlen, bitte ich Sie innig um Entschuldigung. Meine Absicht ist nur, unser Volk aufzuklären, nicht aber Sie zu maßregeln oder was weiß ich. Bitte daher nochmals um Verzeihung! Hier nochmal mein Beitrag, hoffentlich so besser zu akzeptieren:

    Leider spukt noch immer die DDR-Sprachregelung auch in gutmeinenden Köpfen herum:

    Mit dem Vorgängerbau sollten eben KEINE “sorbischen Dörfer” missioniert werden, sondern das Christentum in die wendisch (=heidnisch-germanisch) gebliebenen Ländereien des heidnisch gebliebenen östlichen Germaniens verbreitet werden. Der ganze große germanische Ostraum, der bis dahin noch nicht christianisiert war und noch an die beseelte Natur und die alten germanischen Gottheiten glaubte, sollte eben Schritt für Schritt durch die deutsche “Ostsiedlung” unter die Glaubenslehre des AT bzw. des Nazareners gebracht werden. Genauso, auch mit Gewalt, wie es zuvor mit den Franken, den Sachsen usw. geschehen war.

    Es handelte sich um Wenden = Wendili = Vandali

    • sp sagt:

      Wir haben derzeit einen enorm hohen Bearbeitungsaufwand, da im Zuge des „Asyl-Ansturms“ auch die Kommentare angewachsen sind und wir vor Veröffentlichung den Inhalt auf mögliche justitiable Passagen prüfen müssen. Dies geschieht im übrigen auch zum Wohle des jeweiligen Kommentar-Schreibers, der sich oftmals gar nicht bewußt ist, daß bestimmte Wortschöpfungen nicht veröffentlicht werden dürfen. In Ihrem Falle lag dies nicht vor, doch benötigen wir für andere Kommentare leider dementsprechend länger.
      Wir danken Ihnen und den weiteren Kommentar-Schreibern für das Verständnis.
      Bleiben Sie uns trotzdem treu!
      Ihre Zuerst!-Mannschaft
      (sp)

  3. besseranonym sagt:

    Alles nur Geldverschwendung! Spätestens in 20 Jahren, steht an gleicher Stelle, eh eine Mosche!

  4. Annuntiator sagt:

    Noch immer die DDR-Sprachregelung:

    Mit dem Vorgängerbau sollten eben KEINE „sorbischen Dörfer“ missioniert werden, sondern das Christentum in die wendisch (=heidnisch-germanisch) gebliebenen Ländereien des heidnisch gebliebenen östlichen Germaniens verbreitet werden. Der ganze große germanische Ostraum, der bis dahin noch nicht christianisiert war und noch an die beseelte Natur und die alten germanischen Gottheiten glaubte, sollte eben Schritt für Schritt durch die deutsche „Ostsiedlung“ unter die Glaubenslehre des AT bzw. des Nazareners gebracht werden. Genauso, auch mit Gewalt, wie es zuvor mit den Franken, den Sachsen usw. geschehen war.

    Es handelte sich um Wenden = Wendili = Vandali

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