US-Luftwaffe bombardiert Krankenhaus: „Diese Attacke ist eine abscheuliche Verletzung internationalen humanitären Rechts“

4. Oktober 2015
US-Luftwaffe bombardiert Krankenhaus: „Diese Attacke ist eine abscheuliche Verletzung internationalen humanitären Rechts“
International
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Foto: Symbolbild

Kabul. Während die russische Luftwaffe ihre Präzisionsschläge gegen Einrichtungen des IS und anderer Terrormilizen in Syrien fortsetzt, und dabei taktisch wichtige Erfolge erzielt, ist den USA in Afghanistan eine weitere schwere Panne unterlaufen. Bei einem Luftangriff ist das Krankenhaus der internationalen Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ in Kundus von amerikanischen Bomben stark zerstört worden.

„Bei dem Angriff auf das Krankenhaus handelte es sich vermutlich um einen fatalen Fehler der amerikanischen Luftwaffe in Afghanistan. Dabei wurden nach neuen Angaben mindestens 19 Menschen getötet. Weitere 37 Menschen seien zum Teil schwer verletzt“, berichtet die F.A.Z.

Auch bei der NATO geht man inzwischen davon aus, daß das Krankenhaus von US-Kampfflugzeugen zerbombt wurde. „Die US-Luftwaffe flog um 02.12 Uhr (Ortszeit) einen Bombenangriff gegen Personen, die die Streitkräfte bedrohten. Dabei hätte ein naheliegendes Krankenhaus in Mitleidenschaft gezogen werden können. Zu dem Fall wird ermittelt“, wurde seitens der NATO anfangs noch vorsichtig mitgeteilt.Inzwischen betstätigte die US-amerikanische Führung den schrecklichen Fehlschlag: Verteidigungsminister Ashton Carter sprach von einem „tragischen Vorfall“, der gemeinsam mit der afghanischen Regierung untersucht werden solle.

Zum Zeitpunkt des Angriffs befanden sich im Krankenhaus 105 Patienten und rund 80 Personen an medizinischem Personal. Die Vereinten Nationen kritisierten den Bombenangriff auf Schärfste: „Krankenhäuser, in denen sich Patienten und medizinisches Personal befinden, dürfen niemals zum Angriffsziel werden“, so der UN-Sondergesandte für Afghanistan, Nicholas Haysom, am Samstag. „Das internationale humanitäre Recht verbietet außerdem die Nutzung medizinischer Einrichtungen für Militärzwecke.“

„Ärzte ohne Grenzen erklärte zudem, die GPS-Koordinaten des medizinischen Zentrums in Kundus seien ‚an alle beteiligten Konfliktparteien, Washington und Kabul eingeschlossen‘, weitergegeben worden. Dieses Vorgehen ist üblich, um zivile Einrichtungen wie Krankenhäuser zu schützen. Zudem soll das Krankenhauspersonal in Kundus militärische Stellen in Kabul und Washington per Telefon davon informiert haben, dass die Klinik bombardiert werde. Dennoch hätten die Luftschläge auf das Hospital 30 Minuten angehalten.“

Die „Ärzte ohne Grenzen“ sind derzeit in vier Krankenhäusern in Afghanistan präsent. 2014 führten sie rund 8.000 Operationen durch, erteilten mehr als 300.000 Konsultationen und leisteten in knapp 40.000 Fällen Geburtshilfe. Die Präsidentin Meinie Nicolai verkündete entrüstet: „Diese Attacke ist eine abscheuliche und schwere Verletzung internationalen humanitären Rechts. Wir können es nicht hinnehmen, daß dieser schreckliche Verlust von Menschenleben einfach als ‚Kollateralschaden‘ abgetan wird.“

Kundus mit rund 300.000 Einwohnern war erst am vergangenen Montag von den Taliban besetzt worden. Am Dienstag starteten die afghanischen Regierungstruppen einen Gegenangriff. Am Donnerstag sei die Stadt weitgehend befreit worden, hieß es in Kabul – „Kollateralschäden“ allerdings inbegriffen, wie der Fall des bombardierten Krankenhauses zeigt. (sp/mü)

2 Kommentare

  1. […] Tatsächlich hat sich die Situation in Afghanistan in den letzten Monaten wieder erheblich verschlechtert. Die radikalislamischen Taliban, denen 2001, nur wenige Wochen nach den Anschlägen vom 11. September, die amerikanische Militärintervention in Afghanistan gegolten hatte, konnten in jüngster Zeit wieder große Gebiete zurückerobern und starteten jüngst eine Großoffensive auf die größeren Städte. Am 29. September konnten sie die nordafghanische Stadt Kundus einnehmen. Der Einmarsch in die Provinzstadt war der erste große Sieg der Taliban seit 14 Jahren. Die afghanische Armee konnte die Stadt zwar zurückerobern, dabei traf ein US-Luftschlag jedoch das Krankenhaus der internationalen Hilfsorganisation “Är… […]

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