Das dickleibige Buch der beiden Verfasser vergleicht die Politik der Großmächte um die Wende zum 20. Jahrhundert mit der gegenwärtigen Lage. Effenberger fühlt sich der heute eher belächelten Objektivität verpflichtet, nach der ein Historiker sich seines „Nichtwissens“ bewußt sein soll, in die Vorstellungswelt einer Epoche eintauchen müsse und seine Schlüsse nicht aus der Rückschau und dem Stand der modernen Wissenschaft ziehen dürfe.
Um die politischen Machtverhältnisse um 1900 verständlich zu machen, rekapituliert er knapp die europäische Geschichte seit der Reformation im 16. Jahrhundert, schildert die Ereignisse bis zum Kriegsausbruch und „Amerikas Griff zur Weltmacht“. Er beleuchtet die Rolle des 1858 geborenen Charles Richard Cane, eines schwerreichen US-Unternehmers mit Wirtschaftsinteressen auf dem Balkan, der das Unabhängigkeitsbestreben der slawischen Völker von Österreich-Ungarn unterstützte. Die Parallelen zu George Soros oder Warren Buffett in der Gegenwart springen ins Auge. Auch das Attentat als Mittel der Politik findet seit Sarajewo immer noch Anwendung. 1914 diente es als Initialzündung für den Krieg, dasselbe gelte für den New Yorker Anschlag am 11. September 2001. Für den Autor lenken mächtige wirtschaftliche Interessen die politischen Entscheidungsprozesse in ihrem Sinne, 1914 ebenso wie 2014. Im zweiten Teil resümiert der CDU-Politiker Wimmer die weltpolitische Entwicklung seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion. Er kritisiert die westlichen Interventionen in Serbien, im Nahen und Mittleren Osten sowie in der Ukraine. Für ihn stehen hinter den Kriegen der Gegenwart dieselben Interessengruppen, die schon für den Ausbruch des Ersten Weltkriegs verantwortlich waren. Leider gelingt es ihm nicht, diese Kreise mit unanfechtbaren Belegen zu benennen. (wp)
Wolfgang Effenberger/Willy Wimmer. Wiederkehr der Hasardeure: Schattenstrategen, Kriegstreiber, stille Profiteure 1914 und heute. 640 S., geb., t29,90. Höhr-Grenzhausen: Zeitgeist Verlag, 2014.
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