Berlin/London/Brüssel. Alt-Bundespräsident Roman Herzog hat Sympathie für die EU-Kritik des britischen Premierministers David Cameron bekundet.
„Wir brauchen Abwehrrechte der nationalen Parlamente gegen die Kompetenzüberschreitungen in Brüssel, die von den nationalen Regierungen geschickt ausgenutzt werden“, sagte Herzog dem „Focus“. „Dieser Prozess führt zu weniger Demokratie. Ich bin daher gespannt, welches Ergebnis die schwierigen Verhandlungen mit den Engländern haben werden.“ Das frühere Staatsoberhaupt sagte, er verbitte sich, daß Kritik an der EU pauschal als anti-europäisch verunglimpft werde: „Denn ich will eine starke EU in der Welt, die dort unsere europäischen Interessen mit Nachdruck vertreten kann. Aber ich bin strikt gegen einen europäischen Superstaat, der seine Bürger mit immer neuen Gesetzen, Regelungen und Verordnungen drangsaliert.“ Ein neuer Mitgliedsstaat müsse inzwischen beim Beitritt 60.000 bis 70.000 Seiten an EU-Recht übernehmen, so Herzog, der auch Präsident des Bundesverfassungsgerichts war. „Das kann doch kein Bürger kennen. Aber er soll sich daran halten. In der Tendenz hat diese Praxis nicht mehr viel mit einem Rechtsstaat zu tun.“ (lp)