Die Autorin hat den alltäglichen Gesundheitswahnsinn am eigenen Leib erfahren. Mit undefinierbaren Schmerzen im Bauchbereich wird sie ins Krankenhaus eingeliefert und erlebt, wie sie zum Objekt degradiert wird.
Niemand spricht mit ihr, niemand interessiert sich für ihre Krankengeschichte, statt dessen folgt Untersuchung auf Untersuchung. Die Schwestern haben keine Zeit für sie, Ärzte reden Fachchinesisch und das Reinigungspersonal arbeitet nur oberflächlich. Ohne die Hilfe von Verwandten hätte sie sich nie waschen können, wäre ihr Bett nur selten frisch bezogen worden, hätte sie den Weg zum Untersuchungsraum nicht gefunden. Im deutschen Gesundheitswesen läuft vieles schief: Sparmaßnahmen in der Pflege, mangelnde Hygiene in Krankenhäusern, Operationen am laufenden Band, sich häufende Behandlungsfehler, Überlastung der Pflegekräfte aufgrund von Personalmangel und horrend wachsende Kosten. Mikich zeigt in vielen Interviews mit Ärzten, Pflegekräften, ehemaligen Patienten und Klinikseelsorgern, weshalb die Qualität unseres Gesundheitssystems mittlerweile so schlecht ist: Alles steht unter dem Diktat des Profits. Einflußreiche Lobbyisten haben die Krankenhäuser in Wirtschaftsbetriebe verwandelt, die auf Gedeih und Verderb Gewinne abwerfen müssen. Der Patient als Mensch bleibt dabei auf der Strecke, und das medizinische Ethos geht unter. Was hilft? Bildung, Gesundheit, Wasser- und Stromversorgung sowie Umweltbedingungen dürften nicht unter dem Primat der Wirtschaft stehen, meint Mikich. Denn was nützt es, wenn ein Krankenhaus zwar Gewinne, aber die Menschen nicht gesund macht. Nicht Aktienkurse sollten für das Klinikwesen bestimmend sein, sondern Mitmenschlichkeit und Empathie für diejenigen von uns, die sich in einer Extremsituation als Fachfremde hilflos den „Göttern in Weiß“ ausliefern müssen. (gk)
Sonia Mikich. Warum uns der Medizinbetrieb krank macht. 352 S., Pb., € 9,99. München: btb Verlag, 2014.
Auf Rechnung erhältlich bei:
ZUERST!-Buchversand, Tel. 04384/5970-0, buchversand(at)lesenundschenken.de
Liebe Frau Mickich,
sehr treffend beschreiben Sie die tatsächliche Situation in der Klinik. Selbst bin ich
seit 1996 an ME/CFS erkrankt. Ich habe in meinem Leben drei Häuser bezahlt und
habe noch keins, weil meine Ehe nach Krebserkrankung meiner Frau auch noch kaputt
ging.
Wir sind leider ein Entwicklungsland in Sachen Fürsorge und Empathie und das trotz
der Milliarden an Einnahmen im Gesundheitswesen.
Danke für Ihre ausführliche Standortbeschreibung.
Freundliche Grüße
Wolfgang Meier