Endlich hat die Kommission, die den Absturz der malaysischen Verkehrsmaschine MH 017 in der Ostukraine untersucht, einen vorläufigen Bericht vorgelegt. Wer als Konsument einschlägiger TV-Krimis nun erwartet hat, moderne Labortechnik werde es möglich machen, die Wahrheit ans Tageslicht zu zaubern, sieht sich getäuscht. Der Bericht ist absolut nichtssagend und so formuliert, daß er weiten Spielraum für Interpretationen läßt.
Ein Musterbeispiel für diese Praxis ist die Formulierung, daß der Rumpf durchbohrt sei von einer großen Zahl von „Hochenergieobjekten“ (im englischen Original: „…was penetrated by a large number of high-energy objects…“). Aber was versteht man unter „Hochenergieobjekten“? Spontan würde man auf Gewehrkugeln oder Geschossen aus einer Maschinenkanone tippen. Statt dieser Erklärung zu folgen, berichteten jedoch die Mainstreammedien, der Bericht stütze die Version, daß das Flugzeug von einer Boden-Luft-Rakete getroffen wurde, die „Hochenergieobjekte“ ausstößt. Gebetsmühlenhaft wird landauf, landab die von den Amerikanern bereits unmittelbar nach dem Absturz von MH 017 ausgegebene Version der Ursache für diese Katastrophe heruntergeleiert, indem man behauptet, der jetzt vorliegende Bericht bestätige, daß die Boeing 777 von den Separatisten mit einer Luftabwehrrakete abgeschossen worden sei. Genau das steht jedoch nicht im Bericht, aber er läßt diese Interpretation zu – und das ist wohl der Sinn dieser mehrdeutigen Wortwahl.
Das ist nicht weiter verwunderlich, denn auch die Kiewer Regierung mußte ihr Einverständnis geben zu dem, was veröffentlicht werden durfte. Das Untersuchungsergebnis läßt alles offen, was tatsächlich zur Aufklärung beitragen könnte. Die MH 017 könnte von einer Rakete getroffen worden sein, gleichgültig ob Boden-Luft oder Luft-Luft. Sie könnte aber auch von einem Kampfflugzeug abgeschossen worden sein.
Aufschluß über die wahren Begebenheiten könnte nur eine Untersuchung der Wrackteile bringen, notwendig vorhandene Sprengstoffreste lassen sich eindeutig bestimmten Waffen zuordnen. Was aber geschah am Absturzort? Man hat Leichen geborgen, doch um die Wrackteile kümmert sich niemand. Wenn ein Flugzeug abstürzt, dann sind routinemäßig meist binnen kurzer Zeit die Fachleute an der Unfallstelle, die alles peinlich genau registrieren und die Trümmer einsammeln. Allen voran die Experten des Herstellers – in diesem Fall Boeing –, weiter die Spezialisten der betroffenen Länder. Neben den Flugrecordern begutachten die Sachverständigen vor allem die Trümmer, und um ein tragfähiges Ergebnis zu erhalten, werden diese in eine Halle gebracht, um dort wie ein Puzzle wieder zusammengesetzt zu werden. Nur so kommt man der Absturzursache auf die Spur. Aber schon wenige Tage nach dem Unglück wurde bekanntgegeben, daß die Trümmer nicht zusammengesetzt werden sollen.
Schlußfolgerung: Der Absturz von MH 017 sollte von Anfang an nicht so aufgeklärt werden, daß die Unfallursache zweifelsfrei festgestellt werden kann.
Olaf Haselhorst ist Chefredakteur der gesamtdeutschen Wochenzeitung “Der Schlesier”