Fußball-WM in Brasilien: Patriotismus – in Deutschland anrüchig?

8. Juli 2014
Fußball-WM in Brasilien: Patriotismus – in Deutschland anrüchig?
Kultur & Gesellschaft
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Foto: Symbolbild

Münster. Das gibt es nur in Deutschland: Ein CDU-Kommunalpolitiker läßt seiner Fußball- und Deutschlandbegeisterung im sozialen Netzwerk Facebook freien Lauf, indem er eine Zeile aus der Nationalhymne zitiert – und bezieht dafür prompt Prügel von der politischen Konkurrenz.

Der Fall: Jakob Reichmann, Kommunalpolitiker der CDU-Ortsunion Gremmendorf in Nordrhein-Westfalen, war nach dem Sieg der deutschen Fußball-Nationalelf bei der WM gegen Portugal überglücklich und verlieh seiner Stimmung auf Facebook mit einem Eintrag Ausdruck: „Deutschland, Deutschland über alles“ – eine Textzeile aus der ersten Strophe der deutschen Nationalhymne.

Die Reaktion kam prompt. Mathias Kersting von der SPD in Münster ätzte politisch korrekt: „Bei einem solchen Ereignis wie der Fußball-Weltmeisterschaft geht es insbesondere auch um Fairness, Toleranz und Völkerverständigung. Wer öffentlich verkündet, Deutschland stehe über allem (in der Welt), der läßt statt dessen längst vergessen geglaubte Großmachtsphantasien wieder aufleben oder zeigt zumindest ein äußerst fragwürdiges Geschichtsverständnis. Mit einer gesunden sportlichen Rivalität hat dies auf jeden Fall nichts mehr zu tun“, kommentierte Kersting auf der Internet-Homepage der münsterischen SPD.

Und weiter: „Die CDU Münster scheint nach wie vor ein starkes Problem am rechten, nationalistischen Rand zu haben. Ich fordere deshalb den Kreisvorsitzenden Rickfelder und die Ortsunion Gremmendorf auf, sich unmißverständlich von diesem Gedankengut und auch von Herrn Reichmann zu distanzieren.“

Der 18jährige Jakob Reichmann hat den kritisierten Facebook-Eintrag inzwischen gelöscht, gestand seinen „Fehltritt“ ein und bereut seinen Gefühlsausbruch. „Ich wollte damit lediglich positive Emotionen im Zusammenhang des WM-Spiels gegen Portugal zum Ausdruck bringen“, schrieb Reichmann in einem neuen Facebook-Eintrag.

Das ist in Deutschland offenbar zuviel verlangt. Zumal da die Meinungswächter Reichmann ohnehin schon im Visier hatten: Der Nachwuchspolitiker ließ sich 2012 nach einer Vorstandswahl mit einer schwarz-weiß-roten Flagge (die Farben des Kaiserreiches) im Hintergrund fotografieren – und hatte dafür natürlich ebenfalls heftige Kritik einstecken müssen. (ds)

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