Damaskus/Bagdad. Der bekannte Publizist Peter Scholl-Latour wirft dem Westen vor, im Nahen und Mittleren Osten eine Politik zu verfolgen, die von „Heuchelei“ geprägt sei.
In einem Interview mit der „Stimme Rußlands“ erklärte Scholl-Latour, der derzeitige Vormarsch der ISIS-Islamisten im Irak hänge „ganz eng“ mit dem Syrien-Konflikt zusammen: „Die ISIS hat sich ja in Syrien formiert. Der Westen hat da furchtbare Fehler begangen.“ Schließlich werde ISIS indirekt auch durch die USA finanziert, diese ließen sie „durch die Petro-Monarchien“ Saudi-Arabien, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate bezahlen. Man mache sich etwas vor, wenn man Syriens Präsidenten Bashar al-Assad als empfindlich geschwächt betrachte: „Er ist stärker, als man ihn haben will. Und die Leute sagen sich eben, dieses Chaos was jetzt herrscht, ist sehr viel schlimmer, als das frühere Regime von Assad, was ja das einzige säkulare Regime im arabischen Orient war und auch ein Regime, das extrem tolerant war. Tolerant auch gegenüber den Minderheiten, vor allem den Christen. Das ist heute nicht mehr der Fall, die Christen müssen um ihr Leben fürchten.“
Auch die Unterstützung Saudi-Arabiens sei eine „schreckliche Heuchelei“: „Offiziell steht es auf der Seite des Westens, hat aber das repressivste Regime der ganzen Region dort. Die Taliban haben das ausgeführt, was in Saudi-Arabien jeden Freitag praktiziert wird. Nämlich die Steinigungen und laut Scharia die Abtrennungen von Gliedern, so Scholl Latour. Mit den Waffenlieferungen an die Golfmonarchie schneide sich Deutschland „ins eigene Fleisch“: „Die ganzen Haßprediger, die wir haben, kommen aus Saudi Arabien, die sind dort ausgebildet worden und das ist die fünfte Kolonne, die wir bei uns haben.“ Dagegen erweise sich der Iran immer deutlicher als „das einzig stabile Element im vorderen Mittleren Osten“. (lp)