Westliche Doppelmoral: „Demokrat“ ist immer der, der den USA am meisten nützt

20. Juni 2014
Westliche Doppelmoral: „Demokrat“ ist immer der, der den USA am meisten nützt
Manuel Ochsenreiter
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Foto: Symbolbild

Wie sehr das Wort „Demokratie“ zu einem politischen Kampfbegriff verkommen ist, konnte man Ende Mai erfahren. In gleich zwei geopolitischen Brandherden haben Präsidentenwahlen stattgefunden: in der Ukraine und in Syrien. In Berlin verschwendete man keine Zeit – die Wahlen in der Ukraine wurden freudig begrüßt, während man die Wahlen in Syrien ablehnte.

Dabei lohnt sich ein näherer Blick sowohl nach Kiew als auch nach Damaskus: Längst ist die Ukraine ein „failed State“ – ein gescheiterter Staat. Die russischen Teile im Süden und Osten des Landes haben sich eigenmächtig abgespalten, dort herrscht seitdem Krieg. Viele Menschen dort – überwiegend Russen – wollen nicht mehr zur Ukraine gehören, sie orientieren sich in Richtung Moskau. Die Krim ist bereits im März offiziell der Russischen Föderation beigetreten. Die Rest-Ukraine führt derweil einen mörderischen Krieg gegen sogenannte „Separatisten“ im Süden und Osten. Erwartungsgemäß blieben die meisten Wahllokale in den umkämpften Gebieten geschlossen oder existierten ohnehin nur auf dem Papier. Trotzdem erklärten die EU-Mitgliedsstaaten und die USA, die ukrainische Präsidentenwahl sei ein „wichtiger demokratischer Akt“, der gewählte Präsident werde selbstverständlich sofort anerkannt.

In Syrien hingegen tobt mittlerweile seit mehr als drei Jahren ein brutaler Stellvertreterkrieg. Viele Städte liegen in Trümmern. Vom Westen, der Türkei und den arabischen Golfmonarchien unterstützte Terrorbanden verwüsten das Land und töten Zivilisten. Trotzdem wollten die Syrer ihre Präsidentenwahl abhalten – auch als Zeichen dafür, daß Syrien eben kein „failed State“ ist. In Syrien selbst waren die Wahllokale überlaufen, die Menschen feierten am Wahltag auf den Straßen und Plätzen. Die Syrer im Ausland wählten in den jeweiligen Botschaften. Außer in Frankreich und Deutschland. Dort war es syrischen Staatsbürgern ausdrücklich nicht gestattet, in den diplomatischen Vertretungen an der Präsidentenwahl teilzunehmen. Aus Sicht der Bundes-regierung handele es sich um „keine demokratisch legitimierte Wahl“, teilte das Auswärtige Amt mit.

In der Ukraine verweigerte sich ein Großteil der Bürger – der Bundesregierung war das egal; in Syrien lag die Wahlbeteiligung – trotz des Krieges – bei beeindruckenden 73 Prozent, doch Berlin spricht von einer „Farce“. Zur Erinnerung: Bei den Wahlen zum Europaparlament im Mai lag die Wahlbeteiligung in Deutschland bei gerademal 47,9 Prozent.

Logisch begründen läßt sich das alles nicht – außer mit Duckmäusertum gegenüber Washington. Denn während der Westen die Ukraine mit aller Macht als Vorposten gegen Rußland sehen will, gilt die syrische Regierung als „anti-westlich“ – und wird dazu auch noch von Moskau unterstützt. Der neugewählte ukrainische Prä-sident Petro Poroschenko gilt daher als Verbündeter, der wiedergewählte syrische Präsident Baschar al-Assad als Feind. Zwei Dinge spielen in den Bewertungskriterien für unsere Auslands-beziehungen offensichtlich keine Rolle: die deutschen Interessen und der demokratische Wille eines Landes.

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