Ukraine-Telefonmitschnitt – EU-Ashton: Angebliche Polizei-Sniper schossen auf beide Seiten

5. März 2014

Foto: Wikimedia/World Economic Forum (CC BY-SA 2.0); Screenshot YouTube

Kiew/Brüssel. Ein im Internet aufgetauchter Mitschnitt eines Telefonats zwischen Estlands Außenminister Urmas Paet und der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton legt nahe, daß die Scharfschützen, die im Zuge des gewaltsamen Umsturzes in der Ukraine auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew zahlreiche Menschen töteten, Provokateure waren.

Der knapp elfminütige Mitschnitt des Gesprächs wurde am Mittwoch auf der Videoplattform YouTube veröffentlicht. Loyal zum abgesetzten Präsidenten Viktor Janukowitsch stehende Mitarbeiter des ukrainischen Geheimdiensts SBU sollen demnach durch ein angezapftes Telefon an die Aufnahme gelangt sein. In dem Mitschnitt tauschen sich Paet und Ashton darüber aus, wie es in der Ukraine nach dem Umsturz weitergehen könnte. Als Tenor zieht sich durch das Gespräch, daß auch die Protestführer des Maidan nicht das Vertrauen des ukrainischen Volkes genießen würden.

Dann jedoch berichtet Paet von ihm vorliegenden Erkenntnissen, wonach nicht, wie bislang offiziell kolportiert, Scharfschützen der Polizei für zahlreiche Tote verantwortlich seien, sondern Provokateure auf Seiten der Regierungsgegner: „Wir bekommen mehr und mehr ein Verständnis dafür, daß hinter den Scharfschützen nicht Janukowitsch stand, sondern jemand aus der neuen Koalition.“

Außerdem rekapitulierte er einen Austausch mit Olga Bogolomets, einer renommierten Ärztin, die sich auf dem Maidan als Leiterin des medizinischen Diensts der Regierungsgegner um die medizinische Versorgung der Verletzten kümmerte. „Olga Bogomolets erzählte mir auch, daß alle Beweise zeigen, daß die von Scharfschützen getöteten Menschen beider Seiten, Polizisten und Leute von der Straße, daß diese von denselben Scharfschützen getötet wurden“, so Paet. Auch habe Bogolomets ihr einige Fotos von Schußwunden gezeigt und erklärt, daß sie als Medizinerin sagen könne, „daß dies die selbe Handschrift, die selbe Art von Kugeln“ sei. Weiter zitiert Paet die Medizinerin mit den Worten, es sei „wirklich verstörend, daß jetzt die neue Koalition nicht untersuchen will, was genau passiert ist.“ Ashtons Reaktion: „Gut, ja… das, das ist furchtbar.“

Ins Bild paßt außerdem, daß die Ärztin Bogomolets am vergangenen Donnerstag überraschend verkündete, sie werde der neuen Regierung nicht angehören. Zuvor war sie als Favoritin für das Amt der Vizepremierministerin für humanitäre Angelegenheiten gehandelt worden. Die „Stuttgarter Zeitung“ kommentierte dies mit den Worten, einige der Protagonisten, die für Regierungsämter vorgesehen waren, hätten wohl „kalte Füße“ bekommen. Vor dem Hintergrund der nun durch das geleakte Telefonat an die Öffentlichkeit gekommenen Erkenntnisse, über die Bogomolets bereits vor über einer Woche verfügte, könnte diese Vermutung durchaus zutreffen – im Wortsinne.

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