Berlin. Das dauerte und dauerte und dauerte. Jetzt, so scheint es, hat der Berg genug gekreißt und gebar eine Maus – den Koalitionsvertrag.
Über zwei Monate wurde im politischen Berlin gehandelt, gefeilscht und telefoniert. Jetzt endlich scheint man sich geeinigt zu haben, und wenn nicht alles täuscht, wird Deutschland die nächsten vier Jahre wieder einmal von einer Großen Koalition regiert. Ob das wirklich der Wählerwille ist?
Doch was die Bürger wirklich wollen – und was nicht –, daran kehren sich unsere Politiker schon lange nicht mehr. So ist denn auch der jetzt ausgehandelte Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD kaum mehr als ein großer Flickenteppich, ein Sammelsurium aus Kompromissen und kleinen bis kleinsten Schritten in alle möglichen Richtungen. Längst haben unsere Regierenden nicht mehr das Wohl des Gemeinwesens und die Bewältigung der nationalen Zukunft vor Augen, sondern nur noch ihren Machterhalt bis zu den nächsten Wahlen. Auch Bundeskanzlerin Merkel macht da keine Ausnahme – und ihr Koalitionspartner SPD ebensowenig.
Was also steht drin im Koalitionsvertrag? Vieles – und unter dem Strich doch wenig. Erreichtes, auch Fragwürdiges wie die sogenannte „Energiewende“, soll nicht angetastet werden, die Folgen aber im Nebensächlichen abgemildert werden. Die Mietpreise sollen nicht mehr so rasant steigen wie bisher, auch auf den gesetzlichen Mindestlohn konnte man sich einigen.
In der wirklich existentiellen Frage der deutschen Geburtenrate geschieht nichts. Natürlich ist es familienpolitisch ein wichtiger Schritt, daß die Leistung der Kindererziehung anerkannt wird, indem Müttern, die vor 1992 Kinder zur Welt gebracht haben, zumindest ein weiteres Jahr Erziehungszeit in der Rentenversicherung gutgeschrieben werden soll. Aber diese Maßnahme führt zu keiner einzigen neuen Geburt in Deutschland, bevölkerungspolitisch ist sie wirkungslos.
Gut meint es die künftige Koalition dagegen mit Homosexuellen: Deren Anspruch auf steuerliche Gleichstellung mit Familien und auf das Adoptionsrecht für Kinder wird ausdrücklich festgezurrt, und geradezu programmatisch mutet die Aussage an: „Rechtliche Regelungen, die gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften schlechter stellen, werden wir beseitigen.“ Wenn das nichts ist…
Auch die immer größer werdende Minderheit der Migrationshintergründler in unserem Land wird gehätschelt und hofiert. So soll die Residenzpflicht, der Asylbewerber bislang noch unterliegen, gelockert und auf das jeweilige Bundesland ausgedehnt werden. Darüber hinaus soll der Anteil von Nichtdeutschen in der öffentlichen Verwaltung steigen (klar, die Millionen Zugewanderter sollen sich schließlich in den Behörden der „bunten Republik Deutschland“ wieder erkennen). Die Begründung dafür ist kabarettreif: Die Aufarbeitung rechtsterroristischer Verbrechen des NSU habe gezeigt, daß die „interkulturelle Kompetenz“ der Behörden gestärkt werden müsse. Noch Fragen?
Alles in allem bestätigt sich einmal mehr, daß große Unterschiede zwischen den Parteien nicht mehr feststellbar sind. Die Merkel-Union verschmilzt unter Preisgabe letzter Konturen übergangslos mit der großen, linksliberalen Gabriel-SPD zu einem restlos sozialdemokratisierten Einheitsbrei. Schon spöttelte das Nachrichtenmagazin „Focus“, ob demnächst auch der Brotpreis reglementiert werde wie die Makler- und Flughafengebühren – letztere sollen akkurat nach Lärmemission gestaffelt werden.
Kein Wunder, daß Merkel, Gabriel und Co. für diesen Koalitionsvertrag mehr als zwei Monate brauchten. Nur eines sucht man in dem dicken Papier vergebens: das deutsche Volk und seine Zukunft…
Dieser Artikel erschien zuerst in „Der Schlesier“.