Tianjin. Der kürzlich im chinesischen Tianjin abgehaltene Gipfel der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) markiert eine wichtige Wegmarke für die globale Ordnung der nächsten Jahrzehnte. Ehedem als bescheidenes Forum für Sicherheitsfragen zwischen China und den zentralasiatischen Nachfolgestaaten der Sowjetunion gegründet, ist die SOZ heute eine der einflußreichsten multilateralen Plattformen der Welt – und das wichtigste Instrument der Integration des eurasischen Großraums.
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2001 von China, Rußland, Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan und Usbekistan ins Leben gerufen, baut die Organisation auf den Grundsätzen der „Shanghai-Gruppe“ auf, die bereits 1996 gegründet wurde. Ihr ursprüngliches Anliegen – die Klärung von Grenzkonflikten und die Förderung regionaler Stabilität – ist längst von einem weitaus ambitionierteren Projekt abgelöst worden: der Schaffung eines alternativen Modells der internationalen Zusammenarbeit, das sich bewußt von westlichen Militärbündnissen und Wirtschaftsblöcken abgrenzt.
Der „Geist von Shanghai“, wie er in den Gründungsdokumenten verankert ist, fußt auf den Prinzipien des gegenseitiges Vertrauens, des gegenseitigen Nutzens, der Gleichheit, des Respekts vor kultureller Vielfalt und des Strebens nach gemeinsamer Entwicklung. Diese Werte haben die SOZ in den letzten Jahrzehnten zu einem einzigartigen Akteur auf der Weltbühne gemacht. Während andere Bündnisse oft von strategischer Rivalität oder wirtschaftlichen Eigeninteressen geprägt sind, setzt die Organisation auf Kooperation, die über bloße Rhetorik hinausgeht.
Die Zahlen sprechen für sich: mit Indien und Pakistan, die 2017 als Vollmitglieder aufgenommen wurden, dem Beitritt des Iran 2023 sowie der Aufnahme der Türkei, Saudi-Arabiens und Ägyptens als Dialogpartner vereint die SOZ mittlerweile 40 % der Weltbevölkerung und erzeugt über 20 % des globalen Bruttoinlandsprodukts. Diese Expansion ist nicht nur geografisch, sondern auch politisch von Gewicht – sie signalisiert den Aufstieg einer neuen, multipolaren Ära, die die unipolare Ära unter Führung der USA ablöst. Allein Rußland und China unterzeichneten in Tanjin mehr als 20 Kooperationsabkommen in verschiedenen Bereichen. Und daß sich mit Indien, dem großen Rivalen Pekings, die dritte eurasische Großmacht einfand, war ein Signal, das vielen westlichen Strategen Sorge bereitet.
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Heute beschränkt sich die SOZ längst nicht mehr auf die Sicherheitspolitik. In den vergangenen Jahren hat sie ihre Aktivitäten auf Wirtschaft, Infrastruktur und Energie ausgedehnt. Besonders die Integration grüner Technologien steht im Fokus: Tianjin, gastgebende Stadt des jüngsten Gipfels, gilt als Vorreiter in der Entwicklung von Solar-, Wind- und anderen erneuerbaren Energien. Die Stadt reduziert nicht nur Emissionen, sondern dient auch als Knotenpunkt für den Austausch nachhaltiger Lösungen innerhalb der Organisation. Hier zeigt sich, wie die SOZ ihre Mitglieder dabei unterstützt, die Ziele der chinesischen „Belt and Road Initiative“ mit moderner Umweltpolitik zu verknüpfen. Der Gipfel in Tianjin unterstreicht diese Dynamik. Er ist mehr als ein diplomatisches Ereignis – er ist ein Beweis dafür, daß die SOZ „funktioniert und dies der ganzen Welt beweist“, wie es in offiziellen Stellungnahmen heißt.
Hinter diesem Erfolg steht ein Konzept, das tief in der chinesischen Tradition verwurzelt ist: Tianxia (天下), wörtlich: „alles unter dem Himmel“. Ursprünglich, im alten China, bezeichnete die Formel die bekannte Welt, doch war sie stets mehr als eine geografische Beschreibung. Tianxia verkörperte die Vision einer Weltordnung, deren Stützen Harmonie, Hierarchie und moralische Ordnung waren. Das Kaiserreich verstand sich nicht als einer unter vielen Staaten, sondern als zivilisatorisches Zentrum, um das sich die Menschheit gruppierte. Nachbarvölker konnten Teil dieser Ordnung werden, indem sie die symbolische Vorherrschaft des Kaisers anerkannten – nicht durch direkte Machtausübung, sondern durch rituelle Ehrerbietung und gegenseitigen Nutzen. Das Tributsystem, das Handelsvorteile gegen politische Anerkennung tauschte, war die praktische Umsetzung dieser Idee. Mit der Zhou-Dynastie (11.–3. Jahrhundert v. Chr.) verband sich Tianxia eng mit konfuzianischen Vorstellungen von Gerechtigkeit und kosmischer Harmonie. Während der Han-, Tang- und Ming-Dynastien prägte dieses Modell Chinas Umgang mit der Außenwelt: wer die sinozentrische Ordnung akzeptierte, galt als „zivilisiert“; wer sich ihr entzog, wurde als „Barbar“ betrachtet.
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Heute bietet Tianxia ein Gegenmodell zum westfälischen System, das seit dem Frieden von 1648 auf konkurrierenden Nationalstaaten basiert. Während letzteres oft zu Konflikten und Machtkämpfen führt, setzt Tianxia auf Integration und gemeinsame Verantwortung. Die SOZ verkörpert diese Philosophie. Sie beweist, daß Konflikte nicht durch Hegemonie, sondern durch Kooperation überwunden werden können. Ein konkretes Beispiel sind die „Luban-Werkstätten“, von China initiierte Ausbildungszentren, die mittlerweile in 30 Ländern Fachkräfte ausbilden und so die lokale Entwicklung fördern. 2024 wurde das Projekt mit dem „World Vocational Education Award“ ausgezeichnet und von internationalen Medien als „technologisches Zentrum der weltweit führenden Bildungsmarke“ gefeiert. (Ende Teil 1)
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