Tel Aviv. Darüber berichten die bundesdeutschen Qualitätsmedien nicht einmal hinter vorgehaltener Hand: Israels Ultrarechte basteln offenbar an einem Plan für die Zukunft des Gaza-Streifens, der die rückstandsfreie Vertreibung der dort immer noch verbliebenen palästinensischen Bevölkerung – immerhin mehr als zwei Millionen Menschen – zur Voraussetzung hat. Der Pulitzer-Preisträger und Investigativ-Journalist Seymour Hersh legt in einer aktuellen Analyse auf seinem Substack-Account die Details offen.
Abonniere jetzt:
>> Die starke Stimme für deutsche Interessen <<
Das entscheidende Treffen, das am vergangenen Dienstag (22. Juli) im Negev-Saal des israelischen Parlaments stattfand, brachte nach Hershs Recherchen eine Allianz aus Hardlinern, militanten Siedlern und religiösen Eiferern an einen gemeinsamen Tisch. Unter den Teilnehmern befanden sich demnach „israelische Abgeordnete, Rabbiner, trauernde Angehörige von im Kampf oder in Hamas-Gefangenschaft ums Leben gekommenen IDF-Soldaten und Sicherheitsbeamten aus Gaza“. Den Vorsitz führten die beiden umstrittensten Minister der Netanjahu-Regierung: Finanzminister Bezalel Smotrich, dessen feindliche Äußerungen über Palästinenser regelmäßig für internationale Empörung sorgen, und Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir, ein wegen gewalttätiger anti-arabischer Aktivitäten mehrfach verurteilter Siedler aus dem Westjordanland. Er hatte in seinem Jugendzimmer ein Porträt des jüdischen Terroristen Baruch Goldstein hängen, der 1994 29 betende Palästinenser in Hebron ermordete.
Der dort beratene Plan mit dem mit dem harmlos klingenden englischen Titel „The Riviera in Gaza – From Vision to Reality“ entpuppt sich bei näherem Hinsehen als dystopischer Masterplan für ethnische Säuberungen. Hersh beschreibt ihn als „eine Blaupause für eine Zukunft in Gaza ohne die Palästinenser, die dort derzeit leben und sterben“. Das ultraorthodoxe Portal „Behadrei Hadarim“, das als erstes über die Veranstaltung berichtete, lieferte entlarvende Einblicke: „Der Plan sah eine beispiellose Transformation vor, die (…) Gaza wieder unter die volle israelische Souveränität stellen und es in ein entwickeltes und innovatives Gebiet verwandeln würde, mit Wohnraum für Hunderttausende von Einwohnern, moderner Landwirtschaft, einem Hafen, Flughäfen, Industriegebieten, Universitäten, Gesundheitsfonds und Touristenkomplexen entlang der Küste.“
Abonniere jetzt:
>> Die starke Stimme für deutsche Interessen <<
Die technokratisch verbrämten Details des Plans lesen sich wie das Stadtentwicklungskonzept einer reichen Golfmonarchie, kombiniert mit dem Technokratismus eines Apartheidregimes. Vorgesehen sind laut Hearsh unter anderem der Bau von etwa 850.000 Wohneinheiten für israelische Siedler, ein internationaler Flughafen mit globalen Verbindungen, ein hochmodernes U-Bahn- und Metrosystem, autonome Drohnensysteme für Sicherheit und Logistik, ein neuer Tiefseehafen, der den Gazastreifen mit der „Festlandachse Indiens und Europas“ verbinden soll, gleich mehrere Freihandelszonen, die auf Börsengeschäfte, Kryptowährungen und Fintech spezialisiert sind, hochmoderne Konferenzzentren und Hightech-Komplexe sowie eine künstliche Insel aus Kriegsschutt vor der Küste für exklusiven Tourismus.
Der zeitliche Rahmen des Masterplans ist ebenso ambitioniert wie zynisch: innerhalb von 15 Jahren soll die vollständige Transformation der vom Krieg völlig zerstörten Region erfolgen. In der ersten Phase (0-2 Jahre) werden die „Trümmer beseitigt“ und infrastrukturelle Vorarbeiten durchgeführt. In der zweiten Phase (2-6 Jahre) entstehen Verkehrswege, Wohngebiete und zentrale Komplexe. Die letzte Phase (6-15 Jahre) sieht die Fertigstellung der Handelszonen, touristischen Anlagen und Luxusresorts vor.
Abonniere jetzt:
>> Die starke Stimme für deutsche Interessen <<
Finanzminister Smotrich, dessen messianischer Siedler-Eifer selbst in israelisch-konservativen Kreisen für Unbehagen sorgt, erklärte während der Präsentation unverblümt: „Wir haben große Unterstützung vom Präsidenten der Vereinigten Staaten, um Gaza in eine prosperierende Region zu verwandeln, in eine Küstenstadt, in der es Siedlungen und Arbeitsplätze gibt. So wird Frieden geschaffen.“ Hersh fügt in diesem Zusammenhang noch das brisante Detail hinzu, daß der neue israelische Generalstabschef Eyal Zamir Smotrich gegenüber geäußert habe, die nördliche Grenze des Gazastreifens müsse „aus Sicherheitsgründen“ annektiert werden.
Was in der mehrstündigen Präsentation mit keinem Wort erwähnt wurde, ist das Schicksal der über zwei Millionen Palästinenser, die derzeit im Gazastreifen unter israelischen Bomben und einer von den Vereinten Nationen dokumentierten Hungersnot leiden. Ein hochrangiger israelischer Militär, der anonym bleiben wollte, kommentierte gegenüber Hersh: „Es ist eine Gleichgültigkeit gegenüber einer alten Kultur, die viele Anhänger von Smotrich und Ben-Gvir teilen.“
Abonniere jetzt:
>> Die starke Stimme für deutsche Interessen <<
Der israelische Historiker Moshe Zuckermann erkennt in den Plänen unverkennbar „faschistische“ Züge. Und ein israelischer Kontaktmann Hershs – ein säkularer Jude, dessen Familie die Shoah überlebte – erinnerte ihn bei seinen Recherchen an den gescheiterten „Nisko“-Plan des Dritten Reiches, der 1939 im besetzen Polen ein „Judenreservat“ vorsah: „Für einige Israelis sind die beiläufigen Äußerungen in der Knesset-Sitzung über die Vertreibung von Hunderttausenden Bewohnern des Gaza-Streifens und den Bau einer magischen neuen Stadt, wie mir gesagt wurde, ´eine Monstrosität´, die an die schlimmsten Zeiten des Zweiten Weltkriegs erinnert.“
Hearsh´ Enthüllungen gewinnen zusätzliche Brisanz durch Berichte der „Financial Times“ über Konzepte aus dem Umfeld Donald Trumps, der vom Gazastreifen bereits als „Trump Riviera“ schwärmte. Trumps Schwiegersohn Jared Kushner verhandelte in der Sache bereits in Israel – die dortigen Hardliner interpretierten das als grünes Licht aus Washington und legten nun offenbar das spruchreife Konzept vor. (mü)
Bildquelle: Wikimedia/Dr. Zachi Evenor/CC BY 2.0
Fordern Sie hier ein kostenloses Leseexemplar des Deutschen Nachrichtenmagazins ZUERST! an oder abonnieren Sie hier noch heute die Stimme für deutsche Interessen!
Folgen Sie ZUERST! auch auf Telegram: https://t.me/s/deutschesnachrichtenmagazin