Wien/New York/Denver. Die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) ist möglicherweise nicht so neutral, wie sich selbst gerne darstellt. Sie setzt nämlich seit Jahren auf ein umstrittenes Überwachungssystem mit dem bezeichnenden Namen MOSAIC, das vom umstrittenen US-Softwareunternehmen Palantir entwickelt wurde. Das 50 Millionen Dollar teure KI-System verarbeitet jährlich rund 400 Millionen Datenpunkte – von Satellitenaufnahmen über Social-Media-Inhalte bis hin zu Personalprotokollen. Seine Einführung erfolgte in auffälliger zeitlicher Nähe zu den Verhandlungen zum Iran-Atomabkommen (JCPOA) im Jahr 2015.
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Wie interne Dokumente zeigen, bildet MOSAIC das analytische Herzstück der IAEO-Überwachungsaktivitäten. Das System ermöglicht es Inspektoren, Verbindungen zwischen Personen, Orten und Materialien, die an nuklearen Aktivitäten beteiligt sind, zu erkennen und zu visualisieren. Besonders brisant: MOSAIC basiert auf derselben Technologie wie Palantirs umstrittene „präemptive“ Polizeisoftware, die in den USA bereits wegen falscher Prognosen und falscher Verdächtigungen in die Kritik geriet.
Die Einbindung des Systems in die IAEO-Arbeit blieb bis zu einer Bloomberg-Enthüllung im Mai 2018 geheim – kurz vor dem Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen. Experten äußerten damals ernste Bedenken: „Wenn Sie eine falsche Annahme in das System einspeisen, ohne die entsprechenden Qualifikatoren anzugeben, erhalten Sie ein falsches Ergebnis“, warnte der Leiter eines britischen Beratungsunternehmens. Dies könnte zu „einer Flut unnötiger Blitzinspektionen“ führen, wie ein an den Verhandlungen beteiligter Diplomat einräumte.
Ein brisanter Aspekt dieser Technologie ist ihre Finanzierung: fast die Hälfte des IAEO-Budgets stammt aus US-amerikanischen Quellen, darunter regelmäßige Zahlungen von über 100 Millionen Dollar jährlich sowie zusätzliche außerplanmäßige Beiträge in Höhe von etwa 90 Millionen Dollar. MOSAIC selbst wurde aus einem Mix aus regulärem Haushalt, dem Major Capital Investment Fund und diesen undurchsichtigen Zusatzmitteln finanziert.
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Der Einsatz im Iran wirft gewichtige Fragen auf. Unter dem JCPOA führte die IAEO dort das „robusteste Verifikationsregime der Welt“ durch, wie der damalige Generaldirektor Yukiya Amano 2018 stolz verkündete. IAEO-Inspektoren verbrachten „3.000 Kalendertage pro Jahr vor Ort“ und erfaßten täglich Hunderttausende von Bildern – etwa die Hälfte aller weltweit gesammelten Überwachungsdaten. Parallel dazu sammelte MOSAIC monatlich über eine Million Informationen aus offenen Quellen.
Diese beispiellose Datensammlung steht nun im Verdacht, für gezielte Tötungen iranischer Atomwissenschaftler mißbraucht worden zu sein. Der zeitliche Zusammenhang zwischen den IAEO-Inspektionen und einer Welle von Attentaten auf iranische Experten gibt diesen Vorwürfen zusätzliches Gewicht. Verräterisch: die Namen mehrerer ermordeter Wissenschaftler tauchten in den vom Mossad gestohlenen Atomarchiven auf, die Israel später als „Beweise“ für das angebliche iranische Atomwaffenprogramm präsentierte.
Der jüngste IAEO-Bericht vom 31. Mai 2025 folgt diesem Muster. Obwohl die Behörde selbst zugibt, „keine Beweise für systematische Bemühungen Teherans zum Bau einer Atomwaffe“ zu haben, beschuldigte sie den Iran pauschal, gegen seine „Nichtverbreitungsverpflichtungen“ verstoßen zu haben – eine Behauptung, die sich auf Aktivitäten stützt, die Jahrzehnte zurückliegen. Nur zwölf Tage später nutzte Israel diesen Bericht als Rechtfertigung für seinen Angriff auf iranische Atomanlagen.
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Die iranische Reaktion ließ nicht lange auf sich warten: Teheran setzte jedwede Zusammenarbeit mit der IAEO aus und begann mit der Demontage der Überwachungskameras. Außenminister Abbas Araghchi nannte die Forderung von IAEO-Chef Rafael Grossi nach einem Besuch der bombardierten Anlagen „sinnlos und möglicherweise sogar böswillig“.
Wieder bleiben offene Fragen: handelte es sich beim gesamten JCPOA-Abkommen letztlich von Anfang an um eine gigantische Spionageoperation? Wurde die scheinbar neutrale Aufsicht der IAEO systematisch für geopolitische Interessen instrumentalisiert? Und wie viele andere Staaten laufen Gefahr, durch manipulierte MOSAIC-Daten in ähnliche Situationen zu geraten?
Die technischen Spezifikationen des Systems geben wenig Anlaß zu Optimismus. MOSAIC besteht aus über 20 einzelnen Softwareentwicklungsprojekten, darunter das „Electronic Verification Package“ (EVP) zur automatischen Auswertung von Inspektionsdaten und die „Collaborative Analysis Platform“ (CAP), die eine umfassende Verknüpfung interner und öffentlicher Daten ermöglicht. Letztere wird von der IAEO als bahnbrechende Neuerung gepriesen, die es erlaube, „eine viel größere Menge an Informationen zu sammeln und diese auch tiefergehend als bisher zu analysieren“.
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Doch genau diese Fähigkeiten bergen enormes Mißbrauchspotential. Wie das MIT Technology Review bereits im Zusammenhang mit der Predictive-Technologie aus dem Hause Palantir warnte: „Mangelnde Transparenz und voreingenommene Trainingsdaten bedeuten, daß diese Tools nicht für ihren Zweck geeignet sind.“ Angesichts der undurchsichtigen Finanzierung und der engen Verflechtung mit US-Interessen ist die Frage nicht unerheblich, ob MOSAIC tatsächlich der nuklearen Sicherheit dient – oder vielmehr als Trojanisches Pferd für geopolitische Machtspiele.
Jedenfalls muß jeder Staat, der mit der IAEO zusammenarbeitet, künftig gewarnt sein: in Zeiten von MOSAIC kann die Überwachung auch nur potentieller Nuklearaktivitäten schnell zur Vorbereitung von Kriegseinsätzen mutieren. (mü)
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