Pogromstimmung nach Sylt-Video: Kündigungen sind rechtswidrig

28. Mai 2024
Pogromstimmung nach Sylt-Video: Kündigungen sind rechtswidrig
Kultur & Gesellschaft
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Foto: Symbolbild

Berlin. Nach dem Bekanntwerden des bundesweit rekordverdächtigen Sylt-Erfolgsvideos („Döp dödö döp“) ziehen Medien und Politik alle Register: während die Behörden nach „Tätern“ fahnden, hat die Politik kein anderes Thema mehr. Und weil auch der Wirt der Sylter Partygaststätte „Pony“ brav apportiert und einige auf dem Video erkannte Tatverdächtige öffentlich bekannt gemacht hat, sehen sich die Betroffenen bundesweiter Empörung und ersten Repressalien gegenüber. Einigen der Urlaubsgäste wurde an ihrem Arbeitsplatz mittlerweile gekündigt.

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Doch das ist unzulässig. Darauf macht der Berliner Arbeitsrechtsexperte Felix Hartmann aufmerksam: „Das Verhalten der Sylt-Urlauber mag zwar strafbar sein, etwa als Volksverhetzung oder als Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“, sagte Hartmann. Aber es fehle jeglicher Bezug zum Arbeitsverhältnis. „Für eine außerordentliche Kündigung reicht das höchstens in Ausnahmefällen.“

Aber selbst eine ordentliche Kündigung sieht Hartmann, der Professor für Arbeitsrecht an der Freien Universität Berlin ist, kritisch. Auch sie setze einen Grund voraus. „Die Vorfälle in Sylt dürften weder für eine außerordentliche noch für eine ordentliche Kündigung reichen“, so Hartmanns Enschätzung.

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Wenn es um Verhalten in der Freizeit geht, müsse man die Grenze des arbeitsrechtlich Erlaubten sehr hoch ansetzen. „Die bloße Mitgliedschaft in der AfD wäre kein Grund für eine Kündigung, selbst nicht die Mitgliedschaft in der NPD.“ Denn: das private Arbeitsrecht sei nicht gesinnungsorientiert, und es sollte sich auch nicht in diese unfreie Richtung entwickeln, so der Experte. „Rechtspopulismus oder Rassismus muß man politisch bekämpfen. Ich finde daher viele Äußerungen von Politikern in den vergangenen Tagen sehr bedenklich“, unterstreicht Hartmann.

Anders lägen die Dinge nur, wenn sich die Vorfälle nicht in der Freizeit, sondern im Unternehmen abgespielt hätten: „Wenn jemand so etwas in der Betriebskantine gesungen hätte, wäre das sicherlich eine massive Störung des Betriebsfriedens. So etwas muß der Arbeitgeber nicht dulden.“ Aber – das war in Sylt nicht der Fall. (rk)

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7 Kommentare

  1. Gelbspötter sagt:

    Zukunftsvision: In einer verwanzten Wohnung in der Badewanne auch andere ungehörige Liedchen zu singen (z.B.“ Die Gedanken sind frei…“) könnte riskant werden…

  2. Omasbioladen sagt:

    Oh mein Gott. Was haben diese Schnösel denn bitte für wichtige Jobs als daß, es Deutschland kümmern müßte? Die haben alle Geld genug zu beweisen was sie wirklich draufhaben und können Unternehmen gründen. Keine von denen hat je gearbeitet oder wird je hart arbeiten oder brauch die Flocken.

  3. Peter Lüdin sagt:

    Wenn die Empörten erst wüssten, was so tagtäglich von Minaretten oder in Moscheen „gesungen“ wird…

  4. Mark sagt:

    @Matercula: Gute Idee mit der Personalsuche in Asylunterkünften, da finden die bestimmt ihre Fachkräfte (hust).
    Aber der Schuss kann für die Arbeitgeber tatsächlich nach hinten losgehen – nämlich dann, wenn es dem einen oder anderen Gekündigten einfällt, Regressansprüche, z.B. in Form von Abfindungen geltend zu machen. Da könnten manche Arbeitgeber ihren politisch vorauseilenden Gehorsam noch bereuen. Denn politisch etwas aufzublasen ist das eine – Arbeitsrecht ist das andere.

    Im übrigen soll mal jemand erklären, wo diese Brüller irgendwelcher Lieder Schaden angerichtet hätten.

  5. Matercula sagt:

    Jetzt wissen die Betroffenen wenigstens, was sie von ihren Arbeitgebern zu halten haben. Logisches Vorgehen deshalb: in Ruhe einen neuen Job suchen, dann kündigen und hoffen, daß der bisherige Arbeitgeber Probleme hat, die Stelle neu zu besetzen. Er soll dann aber nicht über Fachkräftemangel jammern, sondern sein zukünftiges Personal z.B. in der nächsten Asylantenunterkunft seines Vertrauens suchen.

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