Berlin. Das ist eine schallende Ohrfeige für das bundesdeutsche Corona-Management, das die Bürger zwei Jahre lang schikaniert hat: der ehemalige UN-Sonderberichterstatter für Folter erhebt schwere Vorwürfe gegen Deutschland. Er beklagt die entgrenzte Polizeigewalt auf Coronademos und attestiert der Polizei ein „systemisches Problem“.
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Bis April war der Schweizer Rechtsprofessor Nils Melzer UN-Sonderberichterstatter für Folter. Für erhebliches Aufsehen sorgte letzten Sommer, daß Melzer aufgrund von Bildern brutaler Polizeigewalt gegen „Querdenker“-Demonstranten gegen Deutschland ermittelte. Über seine Erfahrungen damit sprach er im Interview mit der „Welt“. Dabei spart er nicht mit deutlicher Kritik an den deutschen Behörden.
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Die Hinweise, die er bekommen habe, zeigten einen besorgniserregenden Trend. Zahlreiche Szenen zeigten Polizisten, die eindeutig exzessive Gewalt einsetzten, während die umstehenden Beamten einfach zuschauten oder sogar mithalfen. „Polizeigewalt ist ein blinder Fleck, insbesondere bei Verhaftungen oder Demonstrationen“, so Melzer. Er beklagt eine „Kultur der Toleranz für Polizeigewalt“.
Die Wahrnehmung der deutschen Behörden sei hier „sehr verzerrt“. Die Behörden hätten „kein Verständnis“ für seine Kritik gehabt, so Melzer: „Die Polizei scheint der Irrmeinung zu sein, daß jede ihrer Maßnahmen um jeden Preis durchgesetzt und sogar rein verbale Widerrede sofort mit Gewalt gebrochen werden muß.“ Ein Beispiel: ein Mann, der in Anwesenheit einer Gruppe von Polizisten auf einem Platz friedlich aus dem Grundgesetz vorlas und danach in aller Ruhe mit dem Fahrrad wegfahren wollte, wurde durch einen Beamten von hinten den Arm ins Genick geschlagen und brutal zu Boden geworfen. „Mir gegenüber erklärte die Bundesregierung diese Gewaltanwendung für gerechtfertigt, da der Mann mit seiner Rede weitere Demonstrationen hätte provozieren können.“
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Die Schuld für die oft unnötige und ungerechtfertigte Brutalität der Polizeieinsätze schiebt Melzer neben den verantwortlichen Beamten auch der Politik zu. „Die Politik hat eine große Verantwortung beim Aufbau von Narrativen. In vielen Ländern hat sie in den vergangenen zwei Jahren dazu beigetragen, daß sich die Gesellschaft polarisiert, indem sie die Demonstranten als Staatsfeinde dargestellt hat.“
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Der ehemalige UN-Sonderbeauftragte attestiert Deutschland ein „systemisches Problem“ beim Thema Polizeigewalt – nicht erst seit Corona. „Bei Polizeigewalt besteht eine große Diskrepanz zwischen den normativen Ambitionen der deutschen Rechtsordnung und deren Umsetzung durch die Behörden. Insgesamt vermitteln die offiziellen Statistiken den Eindruck von de facto Straflosigkeit durch Verfahrensverschleppung.“ Wenn es überhaupt zu Verfahren gegen Polizeibeamte komme, würden diese oft monate- oder jahrelang irgendwo hängenbleiben und dann sang- und klanglos eingestellt werden. „Das System funktioniert nicht“, resümiert Melzer. (rk)
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