Orbán soll angeblich „letzten Oppositionssender“ ausgeschaltet haben: Die Wahrheit über das „Klubradio“ sieht anders aus

20. Februar 2021
Orbán soll angeblich „letzten Oppositionssender“ ausgeschaltet haben: Die Wahrheit über das „Klubradio“ sieht anders aus
International
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Foto: Symbolbild

Budapest. Westliche Medien und Politiker arbeiten sich in diesen Tagen wieder einmal an Dauer-Bösewicht Viktor Orbán ab. Der ungarische Ministerpräsident soll angeblich den „letzten oppositionellen Radiosender“ in Ungarn zum Schweigen gebracht haben, lautet der Vorwurf.

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In Ungarn selbst wird die Angelegenheit wesentlich entspannter gesehen. Richtig ist demnach, daß der „verstummte“ Sender „Klubradio“, der seit dem 15. Februar nur noch im Internet zu empfangen ist, der Ungarischen Sozialistischen Partei (MSZP) nahesteht. Diese stellte zwar auch in Ungarn früher einmal die Regierung, ist derzeit aber praktisch zur Bedeutungslosigkeit verurteilt. Bei den letzten Wahlen 2018 erreichte sie nicht einmal 12 Prozent.

Das „Klubradio“ profitierte in der Vergangenheit von öffentlichen Subventionen, allerdings im eher bescheidenen Umfang von weniger als 13 Millionen Forint (entspricht etwa 36.000 Euro). Nach dem Ablauf der siebenjährigen Konzession für die Frequenz 95,3 MhZ im Jahr 2011 hatte „Klubrádió“ die Ausschreibung für die Verlängerung verloren, dennoch garantierte die Medienbehörde angesichts ungeklärter Rechtsstreitigkeiten die Ausstrahlung für weitere drei Jahre unter zeitlich begrenzten Lizenzen. Im Jahr 2014 erhielt der Sender schließlich eine neue Lizenz für sieben Jahre für die Frequenz 92,9 MhZ.

Was am 15. Februar geschah, war deshalb nicht die „Aufhebung“ der Frequenz durch die Orbán-Regierung, sondern ihr automatisches Auslaufen. Das ungarische Recht sieht die Möglichkeit einer automatischen Verlängerung vor, allerdings nur, wenn der Lizenznehmer keine administrativen Verstöße begangen hat, was bei „Klubrádió“ in den letzten sieben Jahren sechsmal geschehen ist. Unter anderem wurde der Sender wegen Verleumdung durch anonyme Telefonanrufe verurteilt.

„Klubrádió“ ist nicht der erste Sender, der seine Frequenz verliert. Andere haben in der Vergangenheit ihre Frequenz dadurch wiedergewonnen, daß sie sich neuerlich an der Ausschreibung beteiligt haben. Um sicherzustellen, daß es keine Unterbrechung des Dienstes geben würde, hatte die ungarische Medien- und Kommunikationsbehörde „Klubrádió“ mit einer Frist von mehr als einem Jahr schriftlich gekündigt und die Frequenz ausgeschrieben, damit der Gewinner die Frequenz vor Ablauf der Konzession erhalten konnte. Daß dies nicht rechtzeitig geschah, lag an der Klage von „Klubrádió“, die der Sender verlor, wodurch er nun gezwungen ist, die Frequenz aufzugeben.

Allerdings hat die Medienbehörde sogar entschieden, daß „Klubrádió“ als scheidender Lizenznehmer bei der Ausschreibung für die Neuvergabe der Frequenz Bonuspunkte erhält. Das Rennen ist also noch offen, und für die Aufregung westlicher Demokratiehüter besteht wenig Anlaß. (mü)

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