London. Linksliberale und Gutmenschen sind alarmiert: im anlaufenden britischen Parlamentswahlkampf wird der Brexit – der britische EU-Austritt – immer mehr von anderen Themen verdrängt, die den Menschen auf den Nägeln brennen, vor allem vom Migrationsthema.
Eine Regierung der oppositionellen Labour Party würde „unkontrollierte und unbegrenzte Immigration zulassen“, warnte Innenministerin Patel jetzt. Anlaß der Warnung war das Versprechen des Labour-Wahlkampfchefs Andrew Gywnne, im Brexit-Fall mit den restlichen EU-Staaten bilaterale Abkommen auszuverhandeln, um die Personenfreizügigkeit zu gewährleisten.
Bei ihrem Parteitag im September verabschiedete Labour darüber hinaus eine radikale Entschließung, die sogar eine Ausweitung der Personenfreizügigkeit sowie die Auflösung aller Flüchtlingslager verlangt. Wie der „Guardian“ am Montag berichtete, sind einige Labour-Kandidaten besorgt, daß ihnen diese Linie bei der Wahl am 12. Dezember um die Ohren fliegen könnte. Wenn der Parteitagsantrag unverändert ins Wahlprogramm kommt, „käme das einer Selbstverstümmelung gleich“, zitierte die Zeitung einen Labour-Kandidaten.
Die aufflammende Migrationsfrage gibt den regierenden Tories die Chance, in Sachen Brexit aus der inhaltlichen Defensive zu kommen. Premierminister Johnson und seine Vorgängerin Theresa May hatten sich in den vergangenen Monaten vor allem mit den Schattenseiten des EU-Austritts auseinandersetzen müssen – von Megastaus an den Grenzen bis zu leeren Supermarktregalen.
In Umfragen haben die Konservativen derzeit gleichwohl einen deutlichen Vorsprung vor Labour und können Prognosen zufolge mit einer satten absoluten Mehrheit von rund 350 der 650 Unterhaussitze rechnen. Der Ausgang der Wahl hängt aber laut Beobachtern davon ab, welches der brennenden Themen in den restlichen vier Wahlkampfwochen die Oberhand bekommt. Sollte sich das Migrationsthema im Vordergrund verankern, dürfte der Wahlkampf zum Heimspiel für den Brexit-Vorkämpfer Johnson werden. (mü)
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