Washington. Das ist konsequente Verfolgung der eigenen nationalen Interessen: US-Präsident Trump hat erneut damit gedroht, in Syrien inhaftierte IS-Kämpfer aus Europa in ihre Herkunftsländer zurückzuschicken, wenn die Europäer sie nicht endlich zurücknehmen. „Wir halten derzeit Tausende gefangen. Europa muß sie übernehmen“, sagte Trump. Dabei nannte er ausdrücklich Deutschland und Frankreich.
Der US-Präsident bezog sich auf Gefangene, die das von Kurden geführte Bündnis Syrische Demokratische Kräfte (SDF) im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) festgenommen hatte. Die USA hatten die Allianz dabei unterstützt.
Schon seit Monaten verlangt Trump von den Europäern die Rücknahme von IS-Dschihadisten. Die EU-Staaten haben darauf jedoch sehr zögerlich reagiert. Der Terrorexperte Peter Neumann warnte bereits im Februar davor, daß man nicht alle IS-Kämpfer auf einmal zurückholen dürfe. Laut dem Experten sei es wichtig, die „einfachen Fälle“ zuerst zurück ins Land zu holen.
Deutschland lehnt die pauschale Rücknahme (paß-)deutscher IS-Anhänger und ihrer Kinder ab und hat bisher nur wenige Ausnahmen gemacht. Neben Sicherheitsgründen führt die Bundesregierung auch ins Feld, daß eine Kooperation mit der kurdischen Selbstverwaltung im Nordosten Syriens zur Rücknahme deutscher Staatsbürger nicht möglich sei, da sie kein anerkannter Staat ist.
Trump sagte nun, seine Regierung habe nicht vor, IS-Mitglieder aus Europa „für die nächsten 50 Jahre“ in das US-Gefangenenlager auf Kuba zu stecken „und dafür zu bezahlen“. Er ließ im unklaren, in welcher Weise er die IS-Mitglieder in ihre Herkunftsländer zurückschicken würde, und sagte: „Wenn Europa sie nicht nimmt, habe ich keine andere Wahl, als sie in die Länder freizulassen, aus denen sie gekommen sind.“ Die Wortwahl „freilassen“ (release) interpretieren Beobachter so, daß Trump sogar damit droht, die Dschihadisten in ihren Herkunftsländern auf freien Fuß setzen zu lassen. (mü)