Straßburg. Im Streit über neue Vorschriften für Pipelineprojekte wie „Nord Stream 2“ haben EU-Unterhändler in der aktuellen Plenarwoche des Straßburger Europaparlaments einen Kompromiß erzielt. Dies teilte die EU-Kommission mit, die die Einigung mit den EU-Ländern und dem Europaparlament ausdrücklich begrüßte. Der Betreiber der neuen Gasleitung von Rußland nach Deutschland muß sich demzufolge auf zusätzliche Auflagen gefaßt machen.
Dennoch wird das Vorhaben des russischen Staatskonzerns Gazprom in Kooperation mit mehreren großen europäischen Energieanbietern auch nach der Neuregelung nicht ausgebremst, wie es sich mehrere europäische Länder und vor allem die US-Regierung gewünscht hätten. Die EU-Kommission hatte angesichts dieser Konstellation und anhaltener amerikanischer Störmanöver schon 2017 mit Blick auf „Nord Stream 2“ eine Änderung der geltenden EU-Gasrichtlinie vorgeschlagen. Demnach sollten Pipelines von einem Drittstaat in die Europäische Union denselben Auflagen unterliegen wie Leitungen innerhalb der EU. So dürfen unter anderem Besitz und Betrieb nicht in einer Hand sein, und Betreiber müssen Konkurrenten Zugang gewähren.
Deutschland wollte die neuen Vorschriften verhindern, weil sie „Nord Stream 2“ unwirtschaftlich zu machen drohten. Letztlich akzeptierte die Bundesregierung nach einem Streit mit Frankreich letzte Woche die Neufassung – allerdings mit einigen Sonderregeln. Die Regeln erlauben es nun, daß Deutschland allein über Ausnahmen befinden könne, hieß es von Beteiligten. Die Kommission dürfe Vereinbarungen zwischen Regierungen aber im voraus prüfen.
Die Kommission zeigte sich mit der Lösung zufrieden. Klimakommissar Miguel Arias Canete ließ verlauten: „Heute schließt Europa Schlupflöcher in seinem juristischen Regelwerk.“ Jeder, der Erdgas in der EU verkaufen wolle, müsse die europäischen Energieregeln beachten. Vor allem aber – und dieser politische Aspekt wiegt schwerer – kann „Nord Stream 2“ nun erst einmal ohne weitere Rücksichten auf amerikanische und andere Störmanöver zügig weitergebaut werden. (mü)