Kiew. Die Ukraine hat in der Dauerkonfrontation mit Rußland eine Entscheidung von historischer Tragweite getroffen. Sie hat jetzt eine eigene ukrainisch-orthodoxe Nationalkirche ins Leben gerufen. Einen entsprechenden Beschluß faßten die Bischöfe zweier orthodoxer Kirchen im Rahmen einer Synode in Kiew.
Die Russisch-Orthodoxe Kirche wehrt sich vehement dagegen, die Ukraine als ihr Kirchengebiet zu verlieren und eine Kirchenspaltung zu akzeptieren, die sich nach allen historischen Beispielen kaum noch kitten läßt. Doch die oberste Autorität der weltweiten Orthodoxie, der Ökumenische Patriarch Bartholomaios in Istanbul, unterstützt die Loslösung der Ukraine, denn zwischen Konstantinopel und Moskau gibt es jahrhundertealte Rivalitäten. Er will der ukrainischen Kirche und ihrem gewählten Oberhaupt Epifani am 6. Januar den Erlaß über die kirchenrechtliche Eigenständigkeit (Autokephalie) überreichen.
Gemeinsam mit Metropoliten wird Präsident Petro Poroschenko nach Istanbul reisen, um am orthodoxen Weihnachtsfest den Tomos genannten Erlaß entgegenzunehmen. „Heute ist der Tag der endgültigen Erlangung der Unabhängigkeit von Rußland“, erklärte Poroschenko, nachdem der Beschluß zur Gründung der Nationalkirche gefallen war.
200 Bischöfe, Priester und Laien hatten in der ältesten Kirche von Kiew, der mittelalterlichen Sophienkathedrale, getagt. Vor einem Mosaik der heiligen Sophia, des christlichen Symbols der Weisheit, berieten die geistlichen Würdenträger über die religiöse Zukunft der Ukraine, die sich seit dem vom Westen befeuerten Maidan-Putsch 2014 in einem rabiaten Dauerkonflikt mit Rußland befindet. (mü)