Wien. Jahrzehntelang galt der Österreichische Rundfunk (ORF) wegen der festgefügten Mehrheitsposition der SPÖ als „Rotfunk“ und links-grüner Erbhof. Seit dem Machtwechsel ist damit Schluß, und auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk hat der Proporz zu einem Wechsel der Machtverhältnisse geführt. Plötzlich sieht sich die österreichische Linke ihrerseits genötigt, vor dem ORF zu „warnen“.
Die dieser Tage geäußerte „Besorgnis“ des ORF-Betriebsrats über den Einfluß der neuen ÖVP-/FPÖ-Regierung auf den ORF sei „ein Alarmsignal“, sagte SPÖ-Mediensprecher Thomas Drozda. Er warnte vor einem „Regierungsfunk“ ORF (ein Argument, mit dem jahrzehntelang auch vor dem links dominierten ORF gewarnt wurde).
Angesichts der „Kritik und der zahlreichen FPÖ-Angriffe auf den ORF und einzelne ORF-Mitarbeiter“ müsse die ÖVP Farbe bekennen, sagte Drozda. Ein neues ORF-Gesetz, das offensichtlich in Vorbereitung sei, werde dabei „die Nagelprobe, wie es die ÖVP mit einem unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk hält“.
Drozda befürchtet, daß mit einem neuen Gesetz der ORF „an die Kandare genommen“ werden soll. „Vor allem eine Budgetfinanzierung, die immer wieder im Raum steht, wäre der Weg in Richtung Regierungsfunk“, so Drozda. Die sozialdemokratischen Geldflüsse der Vergangenheit an den ORF stören den SPÖ-Mediensprecher demgegenüber offenbar nicht. (mü)