Washington/Bagdad. Wer Amerika zum Verbündeten hat, besagt ein geflügeltes Wort, braucht keine Feinde. Diese Erfahrung muß jetzt der Irak machen. Nachdem die USA und ihre Verbündeten das Land 2003 völkerrechtswidrig überfielen und in ein jahrelanges Chaos stürzten, bemüht sich Washington inzwischen um stabile Verhältnisse. Doch jetzt konterkariert ausgerechnet die US-Regierung diese Bemühungen selbst.
Denn: die US-Sanktionen gegen den Iran und die damit verbundenen Finanz- und Handelsbeschränkungen, die nach dem einseitigen Ausstieg der USA aus dem internationalen Atomabkommen am Dienstag in Kraft getreten sind, sind auch für die irakische Wirtschaft verheerend. Diese ist in vielen Bereichen abhängig von Importen aus dem Nachbarland. Auch die Folgen für die politische Stabilität des Landes sind unabsehbar.
US-Präsident Trump drohte nach der Verhängung der neuen Sanktionen, daß jeder, der mit dem Iran Geschäfte mache, keine Geschäfte mit den USA machen könne. Iraks Ministerpräsident Haider al-Abadi sagte daraufhin widerwillig zu, sich an das Embargo zu halten. „Wir unterstützen die Sanktionen nicht, weil sie ein strategischer Fehler sind, doch wir werden uns daran halten“, erklärte Abadi, der auf die Unterstützung der USA ebenso wie auf jene des Iran angewiesen ist.
Dabei befindet sich das Land in einer Zwickmühle. 80 Prozent der Produkte auf dem irakischen Markt stammen aus dem Iran. Im vergangenen Jahr hat der Irak Waren im Wert von rund 5,7 Milliarden Euro aus dem Nachbarland eingeführt, mit dem es seit dem Sturz Saddam Husseins im Jahr 2003 intensive wirtschaftliche und politische Beziehungen unterhält.
Experten gehen nun davon aus, daß als Folge der US-Sanktionen vor allem der Schwarzmarkt profitieren wird, was die Preise für die Normalbevölkerung in die Höhe treiben wird. Der Irak verfügt über eine mehr als 1000 Kilometer lange Grenze zum Iran, die vielfach durch schwer zu überwachende Bergregionen führt. Besonders in der nordirakischen Kurdenregion hat der Grenzschmuggel ohnehin eine lange Tradition. Außerdem hat der Irak ebenso wie Iran schon Erfahrung im Umgang mit internationalen Sanktionen. Leidtragend dürfte am Ende auch jetzt wieder die Zivilbevölkerung sein. (mü)