Über die Mittelstandsstrategie der Alternative für Deutschland, die Konkurrenz von der FDP und die Interessen hinter den Rußland-Sanktionen sprach ZUERST! mit dem Vorsitzenden des AfD-Mittelstandsforums und Parlamentarischen Geschäftsführer der AfD-Bundestagsfraktion Hansjörg Müller.
Herr Müller, beim Frühjahrsempfang der AfD in Südthüringen haben Sie Ihre Drei-Säulen-Strategie skizziert, die Sie der Partei empfehlen: die AfD in den Parlamenten, die Bürger auf der Straße und der Mittelstand als Basis. Bei der letzten Säule hapert es noch ein wenig. Aber das soll sich jetzt ändern…
Müller: Vorab möchte ich meine Drei- Säulen-Strategie erläutern. Die AfD in den Parlamenten alleine ändert zuwenig, die Bürgerinitiativen auf der Straße alleine ändern zuwenig. Wenn aber beide Kräfte zusammenwirken, entsteht der erste Baustein des Einflusses, den wir brauchen, um Änderungen durchsetzen zu können. Entscheidend für die erfolgreiche Durchsetzung unserer Interessen in der Gesellschaft ist das Erreichen des Bürgertums, durch das miteinander verbundene Wirken der AfD und der Bürgerinitiativen. Das Bürgertum manifestiert sich im gesellschaftlichen und unternehmerischen Mittelstand. Insofern ist die Gewinnung des Mittelstandes der nächste Baustein des Einflusses, der darüber entscheidet, ob unser Land von linksextremen deutschen Selbsthassern innerhalb weniger Jahre zerstört wird oder doch noch gerettet werden kann.
Als Vorsitzender des AfD-Mittelstandsforums haben Sie für 2018 eine Offensive angekündigt. Wie wollen Sie Ihre Zielgruppe motivieren?
Müller: Der Mittelstand ist konservativ, langfristig denkend und mag keine lauten Schnellschüsse, weshalb wir ihn anders ansprechen müssen als die Wutbürger auf der Straße. Ich denke, daß wir den unternehmerischen Mittelstand dadurch für uns gewinnen, indem wir ihm die Fakten aufzeigen: wie seine Unternehmensstrukturen in dem gleichen Maße aufgelöst werden, in dem sich die gesellschaftlichen Strukturen auflösen. Wie er genauso rechtlos wird wie die Bürger, indem der Rechtsstaat von der großen Politik und NGOs, im Verbund mit den Massenmedien, zerstört wird. Im Endeffekt wird der Mittelstand erkennen, daß er mit den Wutbürgern viel mehr gemein hat als mit einem Staatswesen, das den eigenen Mittelstand inzwischen bekämpft. Dies ist ein Erkenntnisprozeß und wird Zeit in Anspruch nehmen.
Wo drückt den mittelständischen Unternehmer derzeit am meisten der Schuh?
Müller: Der unternehmerische Mittelstand wird durch die nicht mehr tragbare steuerliche Abgabenlast und die immer irrwitzigere Bürokratie in seinen Grundfesten erschüttert. Auf den gesellschaftlichen Mittelstand trifft das ebenfalls zu, was die Belastung durch Steuern und Abgaben betrifft. Unser Staatswesen befindet sich im Endstadium seiner Existenz, weil es die eigenen Leistungsträger – den Mittelstand – für fremde Interessen ausplündert und um die Ecke bringt.
Auch die FDP begreift sich ja als Vertreterin des Mittelstands. Wie grenzen Sie sich von den Liberalen ab?
Müller: Die FDP war einmal die Partei des Mittelstandes, das ist richtig. Wenn Sie sich die heutigen Aussagen und Taten anschauen, spricht die FDP zwar noch vom Mittelstand, aber vertritt eher die Interessen weniger globaler Multikonzerne zu Lasten des Mittelstandes. Im Kern besteht die heutige Abgrenzung darin, daß die FDP die wirtschaftliche Ausrichtung des sogenannten globalen Neo-Liberalismus vertritt, der in Wirklichkeit eine antiliberale Ideologie ist, wenn man hinter die Fassade dieses falschen Begriffes schaut. Diese Wirtschafts-Un-Ordnung zerstört das Rückgrat der deutschen Wirtschaft und unseres Wohlstandes, den deutschen Mittelstand. Im globalen Neo-Liberalismus teilen sich ein paar hundert Großkonzerne den Weltmarkt auf und reißen die nationalen Grenzen nieder, womit ihnen die mittelständischen Unternehmen im jeweiligen Land ausgeliefert werden. Es entstehen Oligopole, die zur Zerstörung des Mittelstandes und zur Ausbeutung der Arbeiter und Arbeitnehmer führen.
Also geht es der FDP gar nicht mehr um Liberalismus im ursprüngliche Sinne?
Müller: Genau, die FDP ist inzwischen mit Haut und Haaren neo-liberal und verrät damit ihre frühere Klientel, den Mittelstand, der inzwischen nur noch von der AfD vertreten wird. Dagegen vertritt die Alternative für Deutschland – als einzige Partei im Deutschen Bundestag – eine wirklich liberale, freiheitliche Wirtschaftsordnung. So, wie es zu Zeiten der Europäischen Gemeinschaft wunderbar funktioniert und den Wohlstand im jeweiligen Mitgliedsstaat gesteigert hat. In Wirklichkeit funktioniert der – totalitäre – Neo- Liberalismus nach FDP-Modell wie ein weltweiter Sozialismus und ist damit das Gegenteil des – freiheitlichen – echten Liberalismus, wie ihn die AfD vertritt. Diesen elementaren Unterschied gilt es zu erkennen und zu verbreiten.
Die Folgen der Rußland-Sanktionen für die deutsche Wirtschaft sind unter Experten umstritten. Manche meinen, der Schaden sei gar nicht so gravierend, weil die Einbußen durch ein erhöhtes Handelsvolumen mit anderen Staaten ausgeglichen würden. Wie sehen Sie das?
Müller: Das sind Schutzbehauptungen, um die weitere Vertreibung Rußlands aus Europa, zum alleinigen Nutzen der globalen Machtinteressen der USA, zu rechtfertigen. Das Gegenteil ist richtig. Die Westmärkte stagnieren oder haben marginale Zuwachsraten, die höheren Zuwachsraten gibt es auf den Ostmärkten, die über Rußland hinausgehen und ganz Asien mit China einschließen.
Angesichts der Hysterie nach dem Giftanschlag auf den Ex-Agenten Sergej Skripal in London: Ist eine Aufhebung oder zumindest Lockerung der Sanktionen nicht in weite Ferne gerückt?
Müller: Natürlich, das ist wahrscheinlich der Sinn hinter der ganzen Aktion. Als die EU/Deutschland und Rußland zu stark wirtschaftlich zusammengewachsen waren, womit die geopolitische Dominanz der USA über Europa gefährdet war, wurde 2014 der demokratisch gewählte ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch mit Hilfe des Westens weggeputscht und damit erst die Grundlage für den Streit um die Krim geschaffen. Die Sanktionen schaden vor allem Deutschland und den Europäern, sie nutzen den Amerikanern. Es ist deshalb in deren Interesse, die Sanktionen möglichst lange aufrechtzuerhalten und zu verschärfen. Immer dann, wenn die Sanktionsfront zu bröckeln droht, entsteht komischerweise der nächste Anlaß, um die Maßnahmen zu verlängern und zu verschärfen.
Herr Müller, vielen Dank für das Gespräch.
Hansjörg Müller, geboren 1968 in Treuchtlingen (Bayern), ist Volkswirt und seit September 2017 Abgeordneter der Alternative für Deutschland (AfD) im Deutschen Bundestag. Müller ist außerdem einer der Parlamentarischen Geschäftsführer der AfD-Fraktion. Bis zu seinem Einzug ins Parlament war Müller in der deutschen Exportwirtschaft tätig. Zuletzt betätigte er sich als Restrukturierungs-Geschäftsführer in international tätigen, mittelständischen Produktions- und Handelsunternehmen. Zusammen mit anderen AfD-Mitgliedern gründete Müller 2013 das „AfD-Mittelstandsforum“ als eingetragenen Verein. Er ist Vorsitzender dieses Vereins. Hansjörg Müller ist verheiratet und hat drei Kinder.
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