Mitrovica/Belgrad. Im Kosovo, das derzeit Schauplatz einer regen Besuchsdiplomatie ist, eskaliert die Situation. Beobachter sehen bereits den nächsten Kosovo-Krieg heraufziehen. Hintergrund ist der Umstand, daß EU- und US-Vertreter ihren Druck auf Serbien massiv erhöhen, der Kosovo-Regierung in verschiedenen Bereichen entgegenzukommen, und Belgrad dafür im Gegenzug den EU-Beitritt plausibler machen wollen.
Jüngster Höhepunkt der Spannungen ist die Festnahme des serbischen Ministers für den Kosovo und Metochien, Marko Duric, durch die örtliche albanische Polizei im Nordkosovo. In Mitrovica, das überwiegend von Serben bewohnt wird, kam es daraufhin zu Protesten der Bevölkerung.
In Serbien werden nun Stimmen lauter, die die Verlegung internationaler Truppen in die Unruheregion Kosovo fordern. Die Appelle richtien sich nicht nur an die Belgrader Regierung als Schutzmacht der Kosovo-Serben, sondern auch an Moskau. Für Verstimmung sorgt bei vielen Serben, daß sich die Belgrader Regierung offenbar untätig unter dem westlichen Druck wegduckt.
Hintergrund der aktuellen Entwicklung ist ein 2013 in Brüssel abgeschlossenes Abkommen zwischen Belgrad und Pristina, worin sich die albanischen Behörden verpflichtet hatten, innerhalb eines Jahres einen Verband serbischer Gemeinden ins Leben zu rufen, was de facto auf die Entstehung eines serbischen autonomen Gebiets hinauslaufen würde. Bisher kam es dazu jedoch nicht. Die kosovarische Partei „Serbische Liste“ verlangt eine Beschleunigung dieses Prozesses und fordert von Belgrad, sich intensiver im Kosovo einzubringen. In Belgrad bleibt man jedoch vorsichtig und plädiert – auch mit Blick auf den eigenen EU-Beitritt – für Kompromisse. (mü)