London. Großbritannien, das derzeit in der Giftgas-Affäre um den russischen Ex-Spion Skripal hysterisches Störfeuer schießt, gönnt sich jetzt zur Abwechslung einmal einen Antisemitismus-Skandal. Ins Visier der politisch Korrekten ist Jeremy Corbyn, Chef der oppositionellen Labour-Partei, geraten.
„Parteifreunde“ machten jetzt in internen Streitigkeiten auf einen Facebook-Post Corbyns aufmerksam, in dem dieser 2012 eine „antisemitische“ Malerei an einer Londoner Hauswand verteidigte. Das Werk „Freedom for Humanity” des US-Amerikaners Mear One an der Brick Lane bildete Banker ab, die auf dem Rücken von Armen Monopoly spielen – für Meinungswächter ein klarer Fall von „Antisemitismus“. Als das Graffiti-Gemälde entfernt werden sollte, stellte sich Corbyn auf die Seite des Straßenkünstlers, wie aus seinem Facebook-Kommentar von 2012 hervorgeht.
Die üblichen Betroffenheitsträger apportierten prompt. Vertreter der jüdischen Gemeinde zeigten sich empört. Corbyn habe „immer wieder auf der Seite der Antisemiten und nicht der Juden gestanden”, heißt es in einem am Montag veröffentlichten Brief der beiden wichtigsten jüdischen Vereinigungen im Vereinigten Königreich. Corbyn stelle sich auf die Seite des Künstlers, wenn es um ein „schreckliches antisemitisches Wandbild” gehe. Gleichzeitig warfen sie ihm vor, radikalislamische Organisationen wie die libanesische Hisbollah und die palästinensische Hamas zu hofieren.
Weiter glauben die Juden-Vertreter in ihrer Erklärung zu wissen, daß sich Corbyn mit Menschen abgebe, „die offen antisemitische Ansichten” äußerten. Nun wollen sie vor dem britischen Parlament protestieren und der Labour-Fraktion ihren Protestbrief übergeben. Corbyn entschuldigte sich inzwischen „aufrichtig für den Schmerz“, der durch den Wirbel verursacht worden sei. Er will in den nächsten Tagen das Gespräch mit Vertretern der jüdischen Gemeinde suchen. (mü)