Noumea. Frankreich sieht sich neuerlichen Unabhängigkeitsbestrebungen gegenüber. Aber nicht vonseiten der Mittelmeerinsel Korsika, sondern aus Neukaledonien im Südpazifik. Das Inselparadies liegt 11.000 Kilometer von Paris entfernt, wird von 270.000 Einwohnern bewohnt und verfügt über ein Viertel der weltweiten Nickelvorkommen.
Jetzt hat das örtliche Parlament entschieden, daß die Bevölkerung am 4. November über ihre Unabhängigkeit abstimmen soll.
Ein erster Volksentscheid fand schon 1987 statt. Damals stimmten die Bewohner aber mit überwältigender Mehrheit gegen die Unabhängigkeit vom einstigen französischen Kolonialherrn. Der europäischstämmige Teil, die Caldoches, stimmten mehrheitlich für den Verbleib bei Frankreich, während die Einheimischen das Referendum boykottierten.
Im Rahmen eines 1998 zwischen der Pariser Regierung und der Nationalen Befreiungsfront (FLNKS) ausgehandelten Abkommens war für 2018 ein Referendum über die volle Selbstbestimmung beschlossen worden. Deshalb schlägt jetzt die Stunde der Wahrheit. Noch immer verläuft die Bruchlinie zwischen Anhängern und Gegnern der Abspaltung entlang der ethnischen Zugehörigkeiten. Die französischstämmigen Zuwanderer sind nach wie vor für einen Verbleib bei Frankreich.
Auch Präsident Macron läßt wenig Neigung erkennen, Neukaledonien in die Unabhängigkeit zu entlassen. Bis Mai will er die Inselgruppe besuchen. Ob das etwas am Sezessionsbestreben der Nicht-Französischstämmigen ändert, steht zu bezweifeln. Neukaledonien könnte mithin der erste Gebietsverlust für Frankreich seit der Unabhängigkeit Vanuatus im Südpazifik 1980 werden. (mü)