Brüssel. So wird das nichts mit der Terror-Bekämpfung: in Belgien ist über ein Jahr nach den Anschlägen auf den Brüsseler Flughafen und eine U-Bahn-Station die Zahl der unbearbeiteten Fahndungsfälle auf rund 11.000 gestiegen. Das geht aus dem Bericht der parlamentarischen Untersuchungskommission zu den Attentaten vom 22. März 2016 hervor.
Wie der flämische Sender VRT am Samstag berichtete, würden die Angaben zu gesuchten Personen oder Fahrzeugen nicht rechtzeitig in die Datenbanken der Polizei eingespeist. Der Grund sei Personalmangel. Der Sender zitiert den Grünen-Abgeordneten Stefaan Van Hecke mit der Feststellung: „Als wir die Verantwortlichen im Herbst angehört haben, sprachen sie von über 5000 Fahndungsfällen, die noch nicht in unsere Datenbanken aufgenommen waren.“ Der Untersuchungsausschuß habe diese Zahl beim Abfassen seines Berichts nochmals überprüft: „Zu unserer Überraschung war sie angestiegen auf 11.000 Fahndungsfälle.“
Wenn die Staatsanwaltschaft eine unauffindbare Person befragen wolle, lande ihre Ausschreibung zur Fahndung zunächst auf diesem Stapel von 11.000 Fällen, der dadurch immer größer wird.
Die Polizei habe Terror-Verdachtsfälle vorrangig bearbeitet und dafür andere Fahndungsersuchen hintangestellt, erklärte der Parlamentarier. Das schaffe neue Gefahren. Terrorverdächtige hätten zuvor häufig andere Straftaten begangen.
Bei den Anschlägen von Brüssel rissen drei Selbstmordattentäter 32 Menschen mit in den Tod, hunderte wurden verletzt. (mü)
Daß 11.000 Fahndungsfälle – und es werden wahrscheinlich immer mehr – nicht in die Datenbanken der belgischen Polizei aufgenommen wurden, ist eine unglaubliche Schlamperei! Gerade zur Identitätsfeststellung von Kriminellen – insbesondere im Wiederholungfall – sind Datenbanken unabdingbar. Ein behaupteter Personalmangel bei Polizei und Staatsanwaltschaft darf hier keine Entschuldigung sein (Personalmangel bei der Dateneingabe ließe sich durch Verkehrspolizisten reduzieren oder gar beseitigen, den Verkehr könnte das Militär regeln).
In Belgien ist offenkundig der gesamte Polizeiapparat auf islamische Terror-Verdachtsfälle fixiert, mit der Folge, daß die Bekämpfung nicht-islamischer, also „gewöhnlicher“ (Schwer)Kriminalität vernachlässigt wird. Exemplarisch dafür steht ein ähnlich gelagerter Fall in Deutschland, nämlich der Terroranschlag eines bereits durch andere Straftaten polizeibekannten muslimischen Schwerkriminellen.
Dieses ermittlungstechnische Vakuum in den belgischen Datenbanken birgt angesichts offener Staatsgrenzen auch für die Nachbarländer wie beispielsweise Deutschland zusätzliche Gefahren.