Daß er sich in die Medien drängen würde, kann man Dietrich Mateschitz wirklich nicht vorwerfen. Selbst zum 30jährigen Jubiläum der Weltmarke Red Bull hat der Firmenchef nur ein einziges Interview gegeben, und zwar der Kleinen Zeitung aus Graz. Das allerdings hatte es in sich, denn der 72jährige, der sich selbst als Kosmopolit und Humanist bezeichnet, entpuppte sich als Querdenker, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Er sei „jemand, der sich grundsätzlich jedem Meinungsdiktat widersetzt“, sagte der Milliardär. Und auf dieser Grundlage rechnete Mateschitz mit der politischen Klasse ab, insbesondere im Hinblick auf die „Nichtbewältigung der Flüchtlingswelle oder, besser gesagt, der Auswanderungswelle“.
In dieser Frage habe es ein unverzeihliches Ausmaß von Fehleinschätzungen und Fehlentscheidungen gegeben, warf er den Verantwortlichen vor. Angst und politische Opportunität hätten die Beschlüsse geprägt. Doch: „Schon damals war für jedermann erkennbar, daß der Großteil der Menschen nicht der Definition des Flüchtlings entsprach.“ Die Grenzen hätten geschlossen und kontrolliert gehört, schließlich dürfe niemand „an einer Destabilisierung Europas Interesse haben“. Der Red-Bull-Chef verwies auch auf ideologische Hintergründe: „Wenn einer der höchsten Beamten in Brüssel sagt, daß Staaten mit Monokulturen von der Landkarte ausradiert gehören [gemeint war der Vizepräsident der EU-Kommission Frans Timmermans, d. Red.], dann mache hoffentlich nicht nur ich mir Sorgen.“
Mateschitz kritisierte ebenfalls die Haltung der westlichen Eliten gegenüber Rußland, die allein schon aus Europas eigenem Interesse heraus unsinnig sei. „Rußland ist ein Teil Europas, und was sonst, wenn kein beginnender Dialog, sollte zielführend sein?“, so der Unternehmer. Das Meinungsdiktat des politisch Korrekten sage aber: „Rußland ist ein Schurkenstaat, das Böse schlechthin, und wir sind die Guten.“ „Zahlreiche Leser“ hätten sich insgesamt zustimmend zu Mateschitz geäußert, meldete die Kleine Zeitung am Tag darauf. Doch auch Widerspruch blieb nicht aus. „Flüchtlingshelfer“ warfen Mateschitz in einem offenen Brief Zynismus vor und forderten Respekt ein, Caritas- Generalsekretär Klaus Schwertner schlug ebenfalls in diese Kerbe. Überrascht haben wird das den Red-Bull- Chef nicht. (Harald Kersten)
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